Zu kurz gegriffen
Kommentar von Stefan Otto
In Dortmund kam ein 49-jähriger Sexualtäter aus der Sicherungsverwahrung frei und wurde rückfällig. Seit der Fall öffentlich wurde, ereifern sich Konservative darüber und fordern mehr Law and Order. Typisch! Für entlassene Schwerverbrecher verlangt die CDU in Brandenburg elektronische Fußfesseln. Möglicherweise hätte ein solcher Peilsender in diesem Fall tatsächlich Unheil verhindert. Aber das ist Spekulation.
Festzuhalten bleibt, dass die Fußfessel kein Allheilmittel ist. Sie dient der Überwachung, hilft aber nicht beim Resozialisieren. Die Vorbereitung auf eine Rückkehr in die Freiheit kommt im Knastalltag häufig zu kurz. Die Schwerverbrecher sitzen und büßen. Jahrelang. Das Bestrafen ist nur ein Aspekt im Strafvollzug; an die Gesellschaft stellt die Haft jedoch eine weitere Aufgabe: Sie soll die Insassen läutern. Kürzlich hat eine Studie des Amtes für Justizvollzug des Kantons Zürich ergeben, dass sich die Rückfallquoten bei Sexual- und Gewalttätern durch eine konsequente psychotherapeutische Behandlung drastisch reduzieren ließen – um bis zu 60 Prozent. Hierfür sei eine umfangreiche Nachsorge unerlässlich. Dieser Ansatz ist alternativlos. Eine Politik, die nach der Freilassung lediglich Fußfesseln einführen will, greift zu kurz. Wer etwas bewirken will, muss sich mit der Psyche der Straftäter auseinandersetzen.
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