Ferien für Italiener zu teuer

Touristiker des Landes erwarten einen schwarzen Sommer

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Italiener müssen den Gürtel immer enger schnallen. Und sie sparen überall da, wo es irgend möglich ist. So beim Urlaub. Dieses Jahr kann sich nur jeder fünfte Einwohner des Mittelmeerlandes ein paar Tage Entspannung fern von Zuhause leisten.

In Italien hat die Ferienzeit begonnen. Die Sonne brennt vom Himmel, die Schulen sind geschlossen, die Läden und Büros in den Städten schließen und die Fernsehsender strahlen nur noch Wiederholungen und Wiederholungen von Wiederholungen aus.

Aber der Schein trügt. Einen wirklichen Urlaub können sich immer weniger leisten – ist im letzten Jahr noch fast jeder Zweite in Ferien gefahren, sind es dieses Jahr mal gerade 20 Prozent. Und auch die achten immer mehr aufs Geld. Die Urlaubsreisen sind in den allermeisten Fällen nur eine Woche lang und allein zwei Prozent können sich einen Aufenthalt von drei Wochen oder mehr leisten. Es ist klar, dass in solch einer Situation ein Urlaub im Ausland die absolute Ausnahme ist – die Italiener bleiben in Italien oder buchen höchstens mal ein Wochenende in einer europäischen Großstadt. Prag, Paris und Berlin sind dabei die Lieblingsziele. Nur 23 Prozent der Urlauber (wohlgemerkt derjenigen, die sich überhaupt eine Reise leisten können) kehren unserem Kontinent den Rücken.

Die Untersuchung mit diesen erschreckenden Zahlen wurde jetzt von der Verbraucherorganisation ADOC veröffentlicht. Ihr Vorsitzender Carlo Pileri fasst das Ergebnis folgendermaßen zusammen: »Das wird ein schwarzer Sommer für den Tourismus. Nur ein Fünftel der Italiener wird eine Ferienreise machen und der größte Teil von ihnen entscheidet sich für kurze und billige Reisen.« Durchschnittlich veranschlagt man für eine Woche Urlaub fern von Zuhause 700 Euro pro Person.

Kleine Pensionen, Bauernhöfe aber auch Campingplätze legen zu und es steigt auch die Zahl der Italiener, die sich für ein paar Tage Entspannung strak verschulden. ADOC warnt vor Finanzierungsangeboten, bei denen nicht selten ein Zinssatz von 24 Prozent anfällt.

Wenn man sich die Zahlen der Verbraucherorganisation näher ansieht, erfährt man viel über die Gründe für diese dramatische Lage. Die Preise – vor allem für die Verkehrsmittel – sind enorm gestiegen. Will man nach Sardinien fahren (und die Insel steht neben Apulien weiterhin ganz oben auf der Urlaubs-Wunschliste der Italiener), muss man für die Überfahrt gleich 70 Prozent mehr als im letzten Jahr bezahlen; die Flugpreise sind um 25 Prozent gestiegen und die der Züge immerhin um sieben Prozent. Und auch in Italien schnellen die Benzinpreise gerade in der Urlaubszeit in ungeahnte Höhen. Vor diesem Hintergrund hält sich die Teuerung der Übernachtungspreise mit Halbpension mit 0,8 Prozent in Grenzen und auch die Pakete sind »nur« um 1,6 Prozent teurer geworden.

So werden Tagesausflüge die einzige Möglichkeit, um wenigstens für ein paar Stunden die gewohnte Umgebung zu verlassen. Glücklich sind diejenigen, die Verwandte oder Freunde mit einem Haus am Meer oder in den Bergen haben und dort wenigstens für ein paar Tage unterkommen können.

Die Leidtragenden sind dabei wie immer die Schwächsten der Gesellschaft. Für die Kinder, die in Städten leben, bleibt nur eine tageweise »Unterbringung« in den Sommerlagern, die von den Stadtverwaltungen in vielen Parks eingerichtet werden – aber angesichts der Ebbe in den kommunalen Kassen werden auch die immer seltener und die Selbstbeteiligung steigt. Glück haben diejenigen, die Großeltern haben, die auf dem Land leben und außerdem noch fit genug sind, sich um die Kleinen zu kümmern. Dramatisch ist und bleibt die Lage für die alten Menschen: Bei fast 40 Grad im Schatten leidet auch die Gesundheit und so hat zum Beispiel die Stadtverwaltung von Rom die Einkaufszentren und Supermärkte aufgefordert, den Alten zu gestatten, sich dort täglich ein paar Stunden im Kühlen aufzuhalten. Trister kann ein »Urlaub« wohl kaum sein.

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