Eine Erbengemeinschaft ist möglichst zu vermeiden

Erbstreitigkeiten

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Jahr für Jahr werden in Deutschland rund 200 Milliarden Euro vererbt. Häufig sind dabei an der Erbschaft mehrere Personen beteiligt, da der Verstorbene seinen Nachlass gar nicht oder nur ungenügend geregelt hat. Dadurch, so der Fachanwalt für Erbrecht, Michael Henn von der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e.V. (DANSEF), entstehen häufig die allseits so gefürchteten Erbengemeinschaften, die oft im Streit und am Schluss dann in aller Regel auch vor Gericht enden.

Sind an einer Erbschaft mehrere Personen beteiligt, so spricht man von einer sogenannten Erbengemeinschaft. Diese ist eine »Gemeinschaft zur gesamten Hand«, was bedeutet, dass das Nachlassvermögen bis zur Einigung hierüber gemeinschaftliches Vermögen aller Erben ist.

Kein Erbe kann für sich allein über einzelne Nachlassgegenstände verfügen. Es wird immer die Zustimmung aller Erben benötigt. Häufig entstehen diese Erbengemeinschaften, wenn der Verstorbene kein Testament hinterlässt und dadurch die gesetzliche Erbfolge eintritt.

Hierzu macht der Fachanwalt Henn folgendes Beispiel auf, das die Problematik verdeutlicht:

Hinterlässt der Verstorbene zum Beispiel ohne Testament im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft seine Ehefrau, jedoch keine Kinder, sein Vater lebt noch, die Mutter ist bereits verstorben wie ebenso eine Schwester, die jedoch zwei Kinder hatte, es lebt jedoch noch ein Bruder, so entsteht hier folgende Erbengemeinschaft: Die Ehefrau beerbt ihren Mann nur zu drei Viertel Anteil, der Vater zu einem Achtel Anteil, der noch lebende Bruder zu einem Sechszehntel Anteil und die beiden Kinder der bereits verstorbenen Schwester (Nichten und Neffen) zu je einem Zweiunddreißigstel Anteil.

Bei einer derartigen Konstellation erfolgt die Erbauseinandersetzung oft nicht ohne Schwierigkeiten und endet nach jahrelangem Streit häufig erst vor Gericht. Daher sollten alle Beteiligten schon aus eigenem Interesse an einer möglichst gütlichen Einigung interessiert sein.

Sei dies der Fall, könne die Erbenauseinandersetzung ohne Weiteres vorgenommen werden, wenn alle Erben dieser zustimmen. Hierbei sind die Miterben in der Gestaltung frei, das heißt, es ist beispielweise möglich, einem Miterben etwa vorhandenen Haus- und Grundbesitz zu Alleineigentum zu übertragen, während andere Miterben etwaige Spar- und Wertpapierguthaben oder sonstige Nachlassgegenstände erhalten. Es sei auch möglich, dass bei Wertverschiebungen ein Miterbe an die anderen Beteiligten Ausgleichszahlungen für den erhaltenen Mehrwert entrichtet. Die Erbenauseinandersetzung könne unter den Beteiligten zwar grundsätzlich formfrei, sollte zum Zwecke der Rechtssicherheit jedoch in Schriftform, erfolgen. Gehöre zum Nachlass allerdings Haus- und Grundbesitz, sei der Vertrag notariell zu beurkunden.

Mit Abschluss des Auseinandersetzungsvertrages und nach erfolgter Teilung des Nachlasses ist die Erbengemeinschaft aufgelöst. Jeder Miterbe kann nunmehr allein über die ihm zugeteilten Nachlassgegenstände verfügen. Kommt eine Einigung hierüber nicht zustande, kann das Nachlassgericht auf Antrag eines Miterben die Teilung vermitteln. Dieses kann die Vermittlung selbst vornehmen oder auch einen Notar damit beauftragen.

Erfolgt auch hierdurch keine Einigung unter den Miterben, so bleibt nur noch der Prozessweg offen. Ein Miterbe kann, meistens anwaltlich vertreten, einen Teilungsplan aufstellen und die Miterben auf Durchführung der Aufteilung verklagen. Derartige Verfahren ziehen sich dann oft jahrelang hin – zum Nachteil des Nachlasses, der durch Anwalts- und Gerichtskosten geschmälert wird.

Allen Beteiligten sei in einem derartigen Fall daher dringend anzuraten, sich möglichst einvernehmlich zu einigen. Noch besser: Der Verstorbene hat seinen Nachlass bereits zu Lebzeiten durch ein einwandfreies Testament geregelt, das solchen Auswirkungen vorbeugt und es gar nicht erst zu einer Erbengemeinschaft kommt.

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