»Beweis, dass niemand unantastbar ist«
Österreich lieferte ehemaliger Premier Sanader aus / Korruptionsprozess beginnt im Herbst
Zagreb/Belgrad (dpa/ND). Nach über sechs Monaten Untersuchungshaft war Sanader am Montagabend aus der Haft in Österreich in das Zagreber Gefängnis Remetinec gebracht worden. Dort bereitete sich der ehemals starke Mann des Adriastaates am Dienstag mit seinen Anwälten auf den im Herbst beginnenden Prozess wegen groß angelegter Korruption vor. Die Medien erwarten ein Verfahren der Superlative, in das auch derzeitige Spitzenpolitiker hineingezogen werden könnten.
Die Strafverfolgungsbehörden werfen Sanader vor, als Regierungschef zwischen 2003 und 2009 über Dutzende Millionen Euro in schwarzen Kassen verfügt zu haben. Er soll große Geldsummen und ein Auto als Bestechung angenommen haben. Daneben soll der Politiker der österreichischen Skandalbank Hypo Alpe Adria zum Markteintritt in Kroatien verholfen und dafür satte Provisionen kassiert haben.
Sanader bestreitet die Vorwürfe und spricht von einer politischen Kampagne seiner Gegner.
Kroatiens Staatspräsident Ivo Josipovic warnte am Dienstag die Politiker des Landes, sich in das Strafverfahren einzuschalten: »Die Politik darf sich nicht einmischen.« Regierungschefin Jadranka Kosor, die lange Jahre die rechte Hand Sanaders gewesen war, wertete das Verfahren als »Beweis dafür, dass niemand unantastbar ist«. Die Regierungspartei »HDZ hat sich damit im Kampf gegen die Korruption bewiesen«. Die Opposition erwartet, dass im Verfahren offen gelegt wird, dass viele heutige Spitzenpolitiker mit Sanader gemeinsame Sache gemacht hatten.
Der ehemalige Premier war im vergangenen Dezember in Österreich verhaftet worden. Seitdem hatte er in Salzburg im Gefängnis gesessen, weil er sich zunächst gegen seine Auslieferung gesträubt hatte. Vor seiner Verhaftung in Österreich hatte das kroatische Parlament die Immunität Sanaders als Abgeordneter aufgehoben. Nach Zagreber Medienberichten hatte er sich über Österreich in die USA absetzen wollen.
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