Restituiertes Haus soll verkauft werden

DDR-Erbe

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Probleme um die Rückübertragung von sogenannten Westgrundstücken und -häusern, die zu DDR-Zeiten unter staatlicher Verwaltung standen, sind längst nicht alle ausgestanden – und dies trotz des Schuldrechtsanpassungsgesetzes, das einen längeren Zeitraum für die Einigung zwischen Eigentümern und Nutzern bestimmte.

Das Einfamilienhaus, das eine Frau 1953 gemietet hatte und das unter staatlicher Verwaltung stand, ging nach der Wende durch Rückübertragung in den Besitz der Alteigentümer über. Die Erbengemeinschaft übernahm den Mietvertrag der Frau, kündigte ihr aber im Jahr 2007. Sie wollte das sanierungsbedürftige und Verlust bringende Haus verkaufen. Das aber ließe sich nur unvermietet ermöglichen. Amtsgericht und Landgericht wiesen die Räumungsklage der Erbengemeinschaft ab.

Der Bundesgerichtshof ließ die Revision zu, verwies die Sache jedoch an das Landgericht zurück. Der BGH sah einerseits das grundsätzliche Interesse der Mieterin, in »ihrem« Haus als ihrem Lebensmittelpunkt zu bleiben. Doch andererseits könnte der Fortbestand des Mietvertrages ein erheblicher Nachteil für die Vermieter sein, der eine Kündigung rechtfertige.

Die Richter betonten, ein Nachteil sei nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Erbengemeinschaft das Grundstück bereits in unrentablem Zustand übernommen habe. Nach dieser Logik müssten Erwerber bzw. Eigentümer ehemals staatlich verwalteter Immobilien dauerhaft Verluste hinnehmen.

Die Vorinstanz müsse sich gründlich mit den Argumenten der Erbengemeinschaft auseinandersetzen (Unrentabilität des Hauses, Unverkäuflichkeit am regionalen Markt in vermietetem Zuständ oder wenigstens Mindererlös) und dies abwägen gegen die Härte, die ein Umzug für die alte Mieterin bedeute.

Urteil des Bundesgerichtshof vom 8. Juni 2011, Az. VIII ZR 226/09

Eine Frage bleibt: Welche Möglichkeit besteht für die Mieterin oder eher ihre Nachkommen, das Haus nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zum halben Verkehrswert zu kaufen? Schließlich hat sie es seit fast 60 Jahren instand gehalten und gewiss einiges Geld investiert. Selbst bei Entschädigungszahlung und Umzugshilfe durch die Alteigentümer wäre eine neue Wohnung für die Mieterin eine Zumutung. Das Landgericht hat eine schwere Aufgabe.

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