Epileptiker storniert die Reise zu spät

  • Lesedauer: 2 Min.

u Eine Reiserücktrittskostenversicherung versichert nicht die Hoffnung, dass es schon klappen wird, wie der nachfolgende Fall verdeutlicht.

Ein Münchner buchte im Januar für sich und seine Frau eine Moskaureise, die im Mai stattfinden sollte. Gleichzeitig schloss er eine Reiserücktrittskostenversicherung ab. Im Februar erlitt der Mann einen epileptischen Anfall und wurde neun Tage im Krankenhaus behandelt. Am Morgen des Tages, an dem das Ehepaar nach Moskau fliegen wollte, erlitt der Ehemann erneut einen Anfall.

Nun stornierte das Paar die Reise. Wegen der späten Absage blieb es aber auf 80 Prozent des Reisepreises sitzen. Die Reiserücktrittskostenversicherung ersetzte nur die Stornokosten, die angefallen wären, wenn der Versicherungsnehmer die Reise nach seinem ersten epileptischen Anfall »gecancelt« hätte. Dazu wäre er verpflichtet gewesen, so das Unternehmen, denn ihn plage eine Grunderkrankung, die immer wieder ausbrechen könne.

So sah es auch das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 1. Juli 2010 (Az. 281 C 8097/10) und wies die Zahlungsklage des Versicherungsnehmers ab. Vergeblich hatte der Mann darauf gepocht, dass man nie wissen könne, wann der nächste Anfall komme. Folge man der Logik des Versicherers, könnte er überhaupt nicht mehr verreisen. Immerhin habe ihn die Klinik als arbeits- und reisefähig entlassen. Aber nicht als geheilt, hielt ihm das Amtsgericht entgegen. Die Grunderkrankung bestehe weiterhin. Gerade weil der Zeitpunkt weiterer Anfälle nicht kalkulierbar sei, wisse der Patient, dass die Reise klappen könne oder auch nicht. Deshalb hätte er sie gleich nach dem ersten Anfall stornieren müssen.

Nach den Versicherungsbedingungen seien Reisende verpflichtet, die Stornokosten so gering wie möglich zu halten. Natürlich könne der Epileptiker trotzdem verreisen. Doch weil das Gelingen bei ihm prinzipiell unsicher sei, müsse er das Risiko eines krankheitsbedingten Ausfalls selbst tragen und nicht die Versichertengemeinschaft.

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