Josef Ackermann bleibt bei der Deutschen Bank. Im Mai 2012 soll er nach zehn Jahren als Vorsitzender des Vorstandes ausscheiden und an die Spitze des Kontrollorgans wechseln. »Die Bank strebt an, dass Herr Dr. Ackermann in den Aufsichtsrat gewählt wird«, bestätigte ein Sprecher.
Dem Vernehmen nach wünschen dies besonders Arbeitnehmervertreter, die sich davon Kontinuität versprechen. Ver.di-Vizevorsitzen- der und Aufsichtsratsmitglied Gerd Herzberg begrüßte, dass nun wieder Ruhe einkehren kann. Nach der personellen Weichenstellung müsse sich die Bank »nun auf die Belange der Kunden und Mitarbeiter konzentrieren«.
Kritiker weisen allerdings darauf hin, dass eine solche Berufung gegen das Aktiengesetz verstoße. »Einen Wechsel vom Vorstandsvorsitz direkt in den Aufsichtsratsvorsitz halte ich für problematisch«, sagte der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. Nachdem unter anderem Siemens durch den prompten Wechsel Heinrich von Pierers vom Vorstand in den Aufsichtsrat und Korruptionsaffären ins Gerede gekommen war, hatte die schwarz-rote Bundesregierung das Aktiengesetz geändert. Vorstände dürfen erst zwei Jahre nach ihrem Abgang in den Aufsichtsrat. Ausnahmen sind nur noch möglich, wenn mindestens 25 Prozent der Kapitaleigner dies wünschen.
An die Spitze des Vorstands sollen unmittelbar nach der Hauptversammlung im Mai 2012 der bisherige Deutschland-Chef Jürgen Fitschen und der Inder Anshu Jain, Chef des international ausgerichteten Investmentbankings in London, rücken. Bereits 1967 nach dem Ausscheiden des legendären Hermann Josef Abs, der maßgeblich die deutsche Nachkriegswirtschaft gestaltet hatte, setzte der Geldgigant in schwierigen Zeiten zwei Jahrzehnte lang auf eine Doppelspitze. Ackermann, der wohl ursprünglich auf den früheren Bundesbankchef Axel Weber als Nachfolger gesetzt hatte, dürfte der starke Mann in Frankfurt bleiben.
Damit und mit der Doppelspitze scheint die Deutsche Bank weiter auf ihre geschäftliche Doppelstrategie zu setzen, die sie nach mehreren strategischen Irrungen und Wirrungen in den letzten beiden Jahrzehnten unter Ackermann einschlug: als Global Player im riskanten Geschäft mit Staatsanleihen, komplizierten Wertpapieren (Derivaten) und Hedgefonds überdurchschnittliche Gewinne einzufahren, die Risiken aber durch solides klassisches Bankgeschäft mit Krediten und tausenden Filialen in Deutschland abzusichern. So hatte Ackermann die Postbank mit 14 Millionen Kunden zugekauft.
Die Deutsche Bank sieht sich heute als eine »führende globale Investmentbank mit einem bedeutenden Privatkundengeschäft«, ganz oben in Deutschland und Europa. Mehr als 100 000 Menschen arbeiten in 73 Ländern für das Geldhaus, dessen Ziel es ist, »der weltweit führende Anbieter von Finanzlösungen« zu werden.
Offenbar hält die Bank die Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht für ausgestanden. Bei der Vorstellung der Ergebnisse für das zweite Quartal warnte Ackermann am Dienstag vor »ungünstigen Marktbedingungen«, besonders durch die unausgestandene Staatsschuldenkrise in Europa. An Ertrag spielten Fitschens und Jains Bereiche jeweils rund vier Milliarden Euro ein, unterm Strich blieb ein Gewinn nach Steuern von 1,233 Milliarden Euro übrig. Die Risikovorsorge wurde erhöht.
Seit Jahren als Kronprinz von Josef Ackermann gehandelt, führte an Jains Hausmacht kein Weg vorbei: Die Investmentbanker sind mit mehr als 20 Prozent Aktienanteil die größte Aktionärsgruppe. Dass jüngste Milliardenklagen wegen windiger Immobiliengeschäfte in den USA mit Jains Geschäftsbereich zusammenhängen, schmälerten seine Chancen nicht.
Der heute 48-Jährige verdiente 2010 mit knapp zwölf Millionen Euro deutlich mehr als Ackermann. Bankmitarbeiter beschreiben Jain als zurückhaltend und unprätentiös. Er ist in der Finanzbranche hoch angesehen, doch ihm fehlt die Vernetzung in der Berliner Politik. dpa/ND
2001 rückte der als loyal und beharrlich geltende Manager in den Konzernvorstand auf. Als der neue Chef Josef Ackermann nur ein Jahr später das Führungsgremium verkleinerte, saß Fitschen fortan im Exekutivkomitee, das für das Tagesgeschäft verantwortlich war. Erst 2009 zog der Vater von zwei Kindern wieder in das Top-Führungsgremium ein.
Trotz seines Einsatzes rund um die Welt für das Frankfurter Geldhaus ist Fitschen Deutschland eng verbunden. In seinem Heimatort Harsefeld bei Hamburg baute er jüngst ein Haus, als Anlaufpunkt für die Familie. dpa/ND
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/203007.ackermann-bleibt.html