Bildungsrauschen

Gute Nazis, böse Nazis

  • Lesedauer: 3 Min.
Am 22. Juli ermordete ein Attentäter in Norwegen bei einem doppelanschlag 77 Menschen, die meisten davon waren noch Schüler und Studenten. Das Attentat wirft die Frage auf, ob rechtes Gedanken- und Kulturgut in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, ob Fremdenfeindlichkeit und Sündenbock Zuschreibungen als normal und gewöhnlich, in Teilen auch als hoffähig angesehen werden.

Im Netz wird breit diskutiert, auch unter Jugendlichen. Zum Beispiel auf www.spickmich.de. Dort bewerten Schüler ihre Lehrer und diskutieren über Politik. Eine Regel lautet: »Auf keinen Fall gehören Schimpfwörter, Beleidigungen, pornographische und rechtsextreme Inhalte oder ähnliches auf spickmich. Alles, was ihr schreibt, kann positiv oder negativ auf euch zurückfallen.« Hier eine Skizze der Diskussion über den Artikel »Oslo: Attentäter-Kontakte zu deutschen Neonazis?« vom 25. Juli 2011. Sie zeigt keine Mitte sondern eine Polarisierung. Die Sprache ist als »Schülerjargon« überwiegend im Original.

Als erste Jasmin: »Alter. Jetzt kommen die schon mit Neonazis.« Dann Florian: »dass ist doch albern ! nur weil er nen rechter norweger ist, soll er auch kontakt zu deutschen nazis haben?! dass wollnse doch nur so hinstellen, damit jeder wieder auf die nazis schimpft, weil die langsam mehr werden!« Hierauf maik: »wieder sind wir schuld. schon klar alter, die wissen doch garnicht, was die da labern alter!« Florian: »@ maik – na klar, wolln se doch extra so hinstellen!«. maik bestätigt: »ja, wie ich so was hasse. was haben wir damit zu tun, ey?« Florian antwortet: » garnichts. nur weil es bei uns immer mehr nazis gibt, wolln die jetzt wieder dass volg dagegen imfen! schau doch mal die letzten tage in die news: nazis werben im internet, holocaust, und jetzt dass hier! (…) was gutes hört man doch garnicht: nen bericht wie ›NPD setzt schadstoffprüfung für grundschulen durch‹ oder ›NPD will staffelung der beiträge für musikschulen nach einkommen‹. von der seite muss man es auch mal sehen.« Auch Lucas meint: »immer auf das deutsche volk, immer gegen nazis, nie gegen antifa oder linksextremismus – traurig.«

Miriam, die Autorin des Artikels, wendet ein: »Mensch, lest doch mal den Artikel. Der Typ soll Verbindungen zu Rechtsradikalen aus verschiedenen Ländern gehabt haben – nicht nur Deutschland. Grad' bei solchen Themen nervt es mich unendlich, wenn alle schreien: ›Macht doch das Neueste über Oslo‹ und dann weder lesen noch qualifiziert kommentieren.« Für Tamara ist »alles so schrecklich. Den Terroristen kann ich nicht verstehen. Er tötete fast 100 Menschen und ist auch noch stolz drauf. Wenn es ein Spendenkonto oder sonst (wie) helfen kann, will ich es machen.« Ramzan findet: »Alle Rechtsextremisten sollen abkratzen. Keiner braucht diese Schweine!« Corinna mahnt ihn: »Man wünscht keinen den Tod.« Lena Tietgen

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