Die Zuversicht der Ursula von der Leyen

Obwohl das Bildungspaket für arme Kinder kaum nachgefragt wird, gibt sich die Ministerin optimistisch

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Leistungen aus dem Bildungspaket für Kinder aus einkommensschwachen Haushalten werden kaum nachgefragt. Trotzdem hält Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) das Projekt für einen Erfolg.

Das Bildungspaket für die bundesweit 2,5 Millionen sozial benachteiligten Kinder ist keine Erfolgsgeschichte. Da sind sich Betroffenen- und Sozialverbände einig. Zu kompliziert, zu bürokratisch – so das einhellige Urteil. Doch ausgerechnet die Initiatorin des Pakets, Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), stellt sich stur und mag keine grundsätzlichen Fehler erkennen. Das von ihr durchgedrückte Bildungspaket umfasst eine ganze Bandbreite von Leistungen: etwa 10 Euro pro Monat für Sportverein oder Musikschule. Auch Zuschüsse zum Schulmittagessen oder Nachhilfe soll es auf Antrag geben.

»Angebote für Sportvereine und Mittagessen werden inzwischen sehr oft in Anspruch genommen«, behauptet die Ministerin nun gegenüber der »Rheinischen Post«. Und räumt im gleichen Atemzug ein, dass es bei der Lernförderung noch hake. »Da müssen wir am Beginn des neuen Schuljahres besser werden«, so von der Leyen. Dabei hakt es nicht nur bei der Lernförderung. Das gesamte Bildungspaket erweist sich als Fehlkonstrukt. Deutlichstes Indiz: Die Betroffenen beantragen kaum Leistungen. Umfragen der kommunalen Spitzenverbände zufolge hat nur ein Viertel der anspruchsberechtigten Eltern Anträge gestellt. Und dass, obwohl die Leistungen seit April abgerufen werden können. Fakt ist: Die für die Umsetzung zuständigen Kommunen sind oft heillos überfordert. Zudem ist der bürokratische Aufwand enorm. Wollen Eltern etwa die Kostenübernahme für Nachhilfe beantragen, müssen sie dafür ein kleines Gutachten erstellen lassen. Zumal die Eltern im Ernstfall auf den Kosten sitzen bleiben. Denn Geld fließt nur, wenn »die Versetzung des Kindes gefährdet oder wegen eines Übergangs in eine weiterführende Schule eine Nachhilfe notwendig wird«. Erst im Mai hatte das Bremer Sozialgericht geurteilt, dass die Kostenübernahme verweigert werden könne, wenn die Lernschwierigkeiten des Kindes keine »außergewöhnliche Bedarfslage« darstellen. Verunsicherte Eltern, überforderte Kommunen und nicht geförderte Kinder: Trotzdem gibt sich die Ministerin optimistisch. Schließlich steht von der Leyen auch unter Zugzwang. Die siebenfache Mutter war es, die sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2010, das bessere Bildungschancen für arme Kinder forderte, dagegen verwahrte, deren Eltern dafür mehr Geld zu überweisen. Stattdessen favorisierte sie »Sachleistungen«. Dahinter steckt der Gedanke, dass Eltern im Hartz-IV-Bezug das Geld ihrer Kinder für andere Zwecke verpulvern. Und das, obwohl entsprechende Studien belegen, dass dieses von Konservativen gern gepflegte Klischee nicht stimmt.

Noch träumt die Ministerin von einer elektronischen Bildungskarte, mit der sich alle Leistungen bezahlen ließen. Gegenüber der »Rheinischen Post« zeigte sie sich überzeugt, dass »sich langfristig eine Bildungskarte durchsetzen wird«. Von der Leyen wähnt sich auf dem richtigen Weg. Dabei gehen selbst schon Parteikollegen auf Distanz. So kritisierte der ehemalige thüringische CDU-Familienminister Klaus Zeh vor kurzem: Es sei ein großer Fehler gewesen, »auf komplizierte Sachleistungen statt auf klare Geldleistung für Familien zu setzen. Dahinter steht ein verheerendes Misstrauen gegenüber Eltern, aber auch ein eingeschränktes Bildungsverständnis.«

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