Weg vom Strickzirkel-Image

Die Volkssolidarität in Sachsen will spürbar moderner werden

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch in Sachsen verzeichnet die Volkssolidarität sinkende Mitgliederzahlen, jetzt will der Sozialverband mehr Menschen in seine Begegnungsstätten locken. Der zunehmend teurere Unterhalt dieser Treffs soll zudem mit neuen Partnern gesichert werden.

Das Haus ist voll wie jeden Nachmittag. Über Mangel an Besuchern könne sie nicht klagen, sagt Carmen Schauer. Sie leitet die Begegnungsstätte der Volkssolidarität in der Professor-Willkomm-Straße in Limbach-Oberfrohna. Vor fünf Jahren zog die Einrichtung in das Viertel am Rand der sächsischen Kleinstadt; zwischenzeitlich musste bereits erweitert werden. Ganz gleich, ob Yogakurse stattfinden, der Chor probt, ob sich Diabetiker treffen oder Handarbeiten angefertigt werden: »Der Treff ist jeden Nachmittag sehr gut besucht.«

Vermieter gewinnen

Der gute Zuspruch ist Bestätigung für eine Idee, die bei der Volkssolidarität in Sachsen Schule machen soll. Um die Zukunft der 86 Begegnungsstätten sowie von 40 kleineren Treffs im Freistaat zu sichern, will der Sozialverband nach den Worten von Landesgeschäftsführer Jürgen Schmieder öfter mit Wohnungsgenossenschaften kooperieren – wie in Limbach-Oberfrohna. Dort ist die Begegnungsstätte aus einer wenig attraktiven Lage in eine leer stehende Parterrewohnung gezogen.

»Davon haben beide etwas«, sagt Leiterin Carmen Schauer: Der Vermieter möchte, dass Mieter so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben – und kann dank der Volkssolidarität einen Treffpunkt mit Freizeitangeboten und einer Sozialstation offerieren. Dort wiederum kann man seither nicht mehr über Besuchermangel klagen.

Für Sachsens Volkssolidarität ist dieses Modell interessant, weil andere Begegnungsstätten längst nicht so gut frequentiert sind. Die Zahl der Mitglieder ist von über 100 000 auf zuletzt 62 130 gesunken, sagt der Geschäftsführer. Bei vielen Angeboten – ob ambulante Betreuung, betreutes Wohnen oder bei Freizeitangeboten – sei der Verband »Teilnehmer in einem gut gefüllten Markt«.

Gleichzeitig wird der Unterhalt der Begegnungsstätten immer teurer, vor allem wegen steigender Betriebskosten. In einigen Kommunen, darunter Leipzig und Chemnitz, werde der Betrieb der Treffs noch gefördert. In den meisten Fällen muss der Verband diese aber allein tragen – ohne über üppige Einnahmen zu verfügen: Der monatliche Mitgliedsbeitrag liegt bei zwei, für Neumitglieder künftig bei drei Euro. In einigen Fälle habe man Treffs nicht mehr halten können, sagt Schmieder.

Für die sichere Zukunft der Begegnungsstätten sollen indes nicht nur Partner wie Wohnungsgenossenschaften gewonnen werden; es müsse auch das Angebot modernisiert werden, räumt der Geschäftsführer ein. Die fitten 60- oder 70-Jährigen dieser Tage sind anders als ihre Altersgenossen vor einigen Jahrzehnten. »Mit Strickzirkeln allein ist nicht zu begeistern«, sagt Schmieder. »Wir müssen mit der Zeit gehen.«

Verband betreibt Kitas

Zu diesem Zweck sollen verstärkt unterschiedlichste Interessengruppen in Volkssolidarität-Treffs heimisch werden, sagt Schmieder und wirbt um neue Besucher. Begegnungsstätten »können Heimstatt für viele sein«, sagt er. Für die Zukunft des Verbandes werde diese Neuprofilierung entscheidend sein. »Wir müssen uns selbst helfen.«

In einigen Bereichen gelingt das schon. In Riesa-Großenhain unterhält die Volkssolidarität zwei Jugendclubs; in Aue-Schwarzenberg gebe es eine gute Zusammenarbeit mit Studenten, was frischen Wind in die Begegnungsstätten bringe. Insgesamt sei die Volkssolidarität in Sachsen noch immer ein kräftiger Verband, der für bis zu 60 Prozent der Angebote der Volkssolidarität insgesamt verantwortlich sei, sagt der Landesgeschäftsführer. In gewisser Weise kümmert man sich in Sachsen sogar schon sehr früh um Nachwuchs: Auch für 180 Kitas mit 19 000 Kindern ist der Verband der Träger.

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