Hohe Buntmetallpreise locken Diebe

In Mecklenburg-Vorpommern wurden Mitte des Jahres bereits 649 Entwendungen gezählt

  • Iris Leithold, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Gasleitungen, Regenrinnen, Bronzeskulpturen: Buntmetalldiebe greifen ungeniert zu. Die hohen Preise für Altmetall sind eine große Verlockung für Kriminelle.

Schwerin. Die hohen Buntmetallpreise locken immer mehr Kriminelle: Im ersten Halbjahr registrierte die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern 649 Diebstähle und damit fast so viele wie im gesamten vergangenen Jahr (731), wie das Landeskriminalamt (LKA) in Rampe bei Schwerin ermittelte. Kupferfallrohre, Elektrokabel, Bronzeskulpturen – die Diebe schrecken vor (fast) nichts zurück. Sogar eine komplette Fußgängerbrücke aus Metall über das Flüsschen Boize (Kreis Ludwigslust) verschwand kürzlich. Auch Trafohäuschen von Windkraftanlagen wurden schon geplündert.

Mancher nimmt schlimme Folgen in Kauf, wie jüngst in Schwerin, als Kupferdiebe beim Herausreißen einer Gasleitung in einem Keller ein Leck verursachten, aus dem Gas ausströmte. Sollten die Täter gefasst werden, droht ihnen nicht nur ein Verfahren wegen Diebstahls, sondern – was schwerer wiegt – auch eines wegen versuchter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion.

1,2 Millionen Euro Schaden

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres entstanden landesweit bei Buntmetalldiebstählen knapp 1,2 Millionen Euro Schaden – im gesamten Jahr 2010 waren es knapp 1,9 Millionen Euro. Trotz der Zunahme gibt es beim LKA keine Sonderermittlungsgruppe, wie Sprecherin Synke Kern sagte. »Wir sammeln beim LKA die Fälle, um schneller Schwerpunkte zu erkennen.« Oft geschähen Buntmetalldiebstähle in der Nähe von Autobahnen, wohl wegen des leichteren Abtransports der Beute. Diese kann erhebliche Ausmaße annehmen, etwa wenn ganze Kabelrollen von Baustellen entwendet werden. Aufgrund solcher Erkenntnisse würden dann Polizeidienststellen vor Ort sensibilisiert, sagte Kern. Im ersten Halbjahr 2011 wurden 86 Tatverdächtige ermittelt, die meisten (66) waren Deutsche.

Der Schrotthandel ist nach eigener Einschätzung weitgehend machtlos. Aus mehreren Firmen im Land hieß es, man sehe es einem Anlieferer nicht an, ob er das Altmetall gestohlen hat oder nicht. Verdächtig seien allerdings große Mengen. Eine ganze Kabeltrommel oder Ähnliches werde nicht angenommen, hieß es übereinstimmend.

Eine Reihe historischer Schweißgeräte, die Diebe im Frühjahr in Crivitz (Kreis Parchim) gestohlen hatten, konnte die Polizei jedoch nicht mehr vor der Verschrottung retten. Als die Beamten den Diebstahl aufgeklärt hatten, war ein Großteil der Geräte bereits zerstört. Den Wert des Diebesgutes hatte die Polizei auf 300 000 Euro geschätzt, einige der Geräte aus dem Fundus des Deutschen Schweiß-Verbandes hatten ins Technische Landesmuseum nach Wismar kommen sollen.

Pietät lassen die Diebe im Land seit längerem vermissen. Auf Usedom stahlen Unbekannte in jüngster Zeit mehrfach Wasseruhren von Friedhöfen und verursachten dadurch in einem Fall in Kamminke eine Überschwemmung, in deren Folge Gräber absackten.

Derzeit wird Kupfer auf dem Weltmarkt für mehr als 8800 US-Dollar je Tonne gehandelt. Im Oktober 2010 hatte der Preis noch bei rund 7000 Dollar gelegen. Im Frühjahr 2011 lag er aber auch schon bei über 10 000 Dollar

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