Geschichte und Geltung

PEN-Clubs im Streit

  • Irmtraud Gutschke
  • Lesedauer: 2 Min.

Die NS-Diktatur wäre keine gewesen, hätte sie vor irgendeiner Institution Halt gemacht. Schon gar nicht vor dem PEN, der als Teil der internationalen Autorenvereinigung die Freiheit des Wortes zu verteidigen hatte.

Bereits am 24. April 1933 vermeldete die deutsche Presse eine neue Führung im deutschen PEN-Club, die nun den Willen bekundete, »im Gleichklang mit der nationalen Erhebung zu arbeiten«. Wenig später gründete sich eine »Union nationaler Schriftsteller«, die aus dem internationalen PEN austrat. – Wie das im Einzelnen ablief und wie sich die aus Deutschland geflohenen und verjagten Schriftsteller zum »Deutschen PEN im Exil« zusammenschlossen, ist in den periodisch erscheinenden Autorenlexika des PEN-Zentrums Deutschland nachzulesen. In der ab 6. September in Berlin geplanten Ausstellung zur Geschichte des PEN wird es gewiss in aller Ausführlichkeit dokumentiert.

»Geschichtsfälschung« – der jetztige Vorwurf des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland, das aus dem Exil-PEN entstand, bezieht sich auch nicht auf die Ausstellung, sondern sondern lediglich auf eine Formulierung in der Einladung dazu: »der PEN wirft) einen Blick zurück auf seine Auflösung um 1933, auf seine Exil-Zeit, die Neugründung um 1948«. Das ist in der Tat verkürzt und riecht nach Vereinnahmung jener Exilschriftsteller, die in ihrer eigenen Organisation blieben. Von ihnen gibt es im PEN-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland freilich nur noch wenige. Einige wortführende Mitglieder leben sogar in der Bundesrepublik, haben aber mit ihrem Austritt aus dem deutschen PEN auf die Vereinigung mit dem PEN-Zentrum der DDR protestiert, die in langen Querelen, nicht ohne Demütigung ostdeutscher Autoren vonstatten ging.

So verbirgt sich hinter dem Streit um Geschichte, wie so oft, einer um die Gegenwart: Ringen um Deutungshoheit und Geltung. Der kleinere Verein will sich gegen den größeren behaupten. Denn seitens des internationalen PEN wird immer mal wieder Unverständnis geäußert, wieso die Deutschen sich nicht vertragen können und immer noch zwei Zentren brauchen. Weil der Kalte Krieg nach 1945 (von dem auch der PEN nicht unberührt war), eben seine Spuren hinterlässt, könnte man antworten.

Mag das jetzt mal wieder ein Sturm im Wasserglas sein, führt er uns doch vor Augen, dass PEN-Geschichte unteilbar ist.

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