nd-aktuell.de / 06.09.2011 / Politik / Seite 13

Schlammlawine walzt durch den Südharz

Der Ort Riestedt wird zum zweiten Mal getroffen

Petra Buch und Thomas Schöne, dpa
Schlecht gepflegte oder zugeschüttete Entwässerungsgräben sowie ein frisch abgeerntetes Rapsfeld könnten zwei Ursachen für die Katastrophe in Riestedt bei Sangerhausen sein.

Katastrophe im Südharz: Tausende Kubikmeter Schlamm und Geröll haben sich nach ergiebigem Dauerregen von einem abgeernteten Acker durch den kleinen Ort Riestedt bei Sangerhausen gewälzt. Anwohner, deren Grundstücke bereits vor zehn Tagen von einem Unwetter heimgesucht wurden, hatten in der Nacht zum Montag erneut mit überschwemmten Kellern, Garagen und Gärten zu kämpfen. Teilweise lief das Regenwasser bis ins Haus. Das Abwassersystem brach zusammen, weil die Kanalisation die plötzlichen Wasser- und Schlammmassen nicht mehr fassen konnte.

Der Landkreis Mansfeld-Südharz rief Katastrophenalarm für Riestedt aus, wie Landrat Dirk Schatz weiter mitteilte. Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) machte sich am Montagmorgen in dem rund 1500 Einwohner zählenden Ort ein Bild, sprach mit Anwohnern und Einsatzkräften. 23 Feuerwehren sowie Angehörige des Technischen Hilfswerkes (THW) kamen an zwölf Stellen in der Region zum Einsatz, um Schäden zu beseitigen. Unermüdlich pumpten sie Wasser aus mindestens 20 Kellern sowie Wohnungen und Garagen, befreiten Straßen von Schlamm und Geröll. Anwohner packten mit an, andere standen verzweifelt vor ihren Häusern angesichts der Schäden.

Nach Angaben des Landkreises fielen in der betroffenen Region etwa 40 bis 50 Liter Regen pro Quadratmeter. Schätzungsweise 25 Millionen Liter Regen hätten sich in der Nacht über den Landstrich ergossen. »Das Unwetter traf einen Streifen von Sangerhausen über Riestedt, Pölsfeld, nach Mansfeld«, sagte ein Sprecher der Kreisverwaltung. Das Ausmaß der Schäden sei noch nicht zu beziffern, die Aufräumarbeiten brauchten Zeit. »Ein Zusammentreffen vieler schlechter Umstände« sei wohl die Ursache für die Katastrophe. So sei das betreffende, etwa 60 Hektar große Feld in Riestedt, auf dem Raps angebaut wurde, abgeerntet worden. Daher habe kein Wurzelwerk die Regenmassen und den Schlamm abfangen können, sagte der Landkreissprecher. Der Boden sei locker gewesen. Hinzu komme, dass in der Vergangenheit Entwässerungsgräben an den Feldern teilweise nicht gepflegt und sogar zuschüttet worden seien.

Nach dem ersten Unwetter in Riestedt hatte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) den Menschen Hilfe des Landes zugesichert, um sie vor weiteren Schlammlawinen zu schützen. Der Landesbauernverband hatte bei der Vorlage der diesjährigen Erntebilanz kritisierte, dass vom Land zu wenig getan werde, damit Wasser, das sich auf Feldern nach heftigen Niederschlägen staut, kontrolliert ablaufen kann.