nd-aktuell.de / 12.09.2011 / Sport / Seite 20

Der Mann hinter Bolt

Yohan Blake, der Aufsteiger des Jahres

Yohan Blake ist ein »Spätstarter«, wie er selbst von sich erzählt. Der 21-jährige Jamaikaner kam nämlich erst mit 16 Jahren zur Leichtathletik. »Bis dahin hatte ich Cricket gespielt«, schildert er. »Dort war ich auch der Schnellste. Das fiel anderen auf. Da lag der Wechsel auf der Hand.«

Inzwischen ist dieser Yohan Blake (Foto: dpa/Bernd Thissen) zu einem der schnellsten Männer der Welt aufgestiegen. Seit zwei Wochen ist er zweifacher Weltmeister und jüngster Sprint-Weltmeister aller Zeiten. Der WM-Titel über 100 Meter habe sein Leben verändert. »Ich lebe jetzt meinen Traum«, schilderte er vor seinem Start in Berlin.

Natürlich habe er nie gedacht, einen Superstar wie seinen Landsmann Usain Bolt abzulösen. Doch den hat es bei den WM in Daegu im 100-m-Finale nicht im Startblock gehalten – Disqualifikation. »Nun bin ich die Hauptperson«, strahlt Blake. »Das fühlt sich wunderbar an.«

Blake, der erstmals 2009 mit 9,93 Sekunden die 10-Sekunden-Schallmauer durchbrach, ist in der Form seines Lebens. Im WM-Finale von Daegu holte er sich mit 9,92 s den Titel. »Ich kann noch schneller laufen«, kündigte Blake an, dessen Bestzeit bis dato bei 9,89 s (2010) stand. Prompt lieferte er die Bestätigung beim Diamond-League-Finale Mitte letzter Woche in Zürich, als er in persönlicher Bestzeit von 9,82 s zum Sieg lief.

In seinem letzten Rennen in dieser Saison, beim ISTAF am Sonntag in Berlin, wollte er den Stadionrekord von 9,86 s brechen, den Maurice Greene (USA) seit 2000 und Blakes Landsmann Asafa Powell seit 2006 halten. »Ich bin in guter Form, da kann alles passieren«, war er optimistisch. Blake war nicht zu schlagen, distanzierte das Feld um Längen und lief mit 9,82 s (bei nur 0,1 m/s Rückenwind) so schnell wie noch keiner vor ihm im Olympiastadion.

Es ist einmal mehr eine Bestätigung, was Experten über ihn sagen: Er ist der Mann mit dem größten Potenzial hinter Bolt. »Er ist nicht nur talentiert, er ist auch ein Malocher«, sagt Bolt über ihn. »Er arbeitet im Training viel mehr und viel härter als ich. Er ist eine Herausforderung für mich.«

Über ein Kapitel seines Aufstiegs spricht Blake allerdings nur ungern: Vor zwei Jahren war er nicht für die WM in Berlin nominiert worden, weil er positiv auf ein Aufputschmittel getestet worden war. Wie immer in solchen Fällen: Auch Blake beteuerte seine Unschuld. Da die Sache aber nebulös war, kam er mit einer milden 3-Monate-Sperre davon – und rückte nun in die Weltspitze als neuer Champion und als einer der aussichtsreichsten Protagonisten für Olympia in London 2012 auf. Jürgen Holz