Rummel um Rommel

In Baden-Württemberg könnte Hitlers »Lieblingsgeneral« Namenspate für einen neuen Tunnel werden

  • Hans Canjé
  • Lesedauer: 3 Min.
In einer Internetabstimmung über den Namen für einen Ortsumgehungstunnel bei Schwäbisch Gmünd votierten mehr als tausend Bürger für Generalfeldmarschall Rommel. Der Militär gilt noch immer als »Widerstandskämpfer«. Seine Hitlerbegeisterung wird bis heute ausgeblendet.

Der 2,3 Kilometer lange Ortsumgehungstunnel der Baden-Württenbergischen Stadt Schwäbisch Gmünd soll nach Hitlers Generalfeldmarschall Erwin Rommel benannt werden. Bei einer von der Stadt organisierten Internetabstimmung über einen möglichen Namensgeber lag zwar der Westernheld Bud Spencer vor Rommel. Nach Presseberichten hat jedoch der »überzeugteste Nazi unter Hitlers Feldmarschällen« Rommel (1891-1944) »beste Chancen«, als Patron für die 230 Millionen Euro verschlingende, teuerste Ortsumgehung Deutschlands erkoren zu werden. Mehr als tausend Bürger votierten für den Militär, der nach herrschender Sicht als »Sympathisant« für die Hitlerattentäter vom 20. Juli 1944 gilt.

Dabei war Rommel alles andere als ein Gegner des Diktators. 1939 kleidete er seine Begeisterung für Hitler in einem Brief an seine Frau in die Worte: »Es ist doch wunderbar, dass wir diesen Mann haben.« Rommel wiederum hatte, wie Reichspropagandaminister Josef Goebbels im Oktober 1942 notierte, auf Hitler »einen sehr tiefen Eindruck gemacht«. Er stehe den Nationalsozialisten nicht nur nahe, heißt es darin, sondern sei ein Nationalsozialist. Und vier Tage nach dem missglückten Attentat schreibt er in einem Brief an seine Frau von seiner Erschütterung über den Anschlag und seiner Verbundenheit zum »Führer«: »Man kann Gott danken, dass es so gut abgegangen ist.«

Nachdem ihn hohe Wehrmachtsoffiziere, unter ihnen der spätere erste Generalinspekteur der Bundeswehr, Hans Speidel, zur eigenen Entlastung als Mitwisser des Attentatsplanes denunziert hatten, war er vor die Wahl gestellt worden, zur Pistole zu greifen oder vor den Volksgerichthof gestellt zu werden. Rommel wählte die Pistole. Offiziell wurde von einem Autounfall gesprochen.

Für das Traditionsverständnis der Bundeswehr spielte das alles keine Rolle. Die Bundeswehrkasernen in Augustdorf, in Dornstadt bei Ulm und in Osterode im Harz (inzwischen geschlossen) wurden nach Rommel benannt. Die Bundesmarine taufte einen (nun außer Dienst gestellten) Zerstörer auf den Namen »Rommel«. Viel Ehre also für den Mann, der seit Beginn seiner militärischen Laufbahn 1910 die Uniform nicht mehr ausgezogen hat. Er diente dem Kaiser, dann nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg in der Reichswehr, ging karrieregeil nahtlos über in die Hitlerwehrmacht und war 1938 beim Einmarsch in Böhmen und Mähren und 1939 ins Memelland dabei. Im Rang immer höher steigend und mit immer neuen Orden behangen, finden sich seine Spuren in den »Feldzügen« gegen Polen, Frankreich, Afrika, Italien. Nach dem italienischen Waffenstillstand am 8. September 1943 erließ er die folgenschwere Warnung vor »sentimentalen Hemmungen des deutschen Soldaten« gegen die ehemaligen Waffenkameraden. Sie seien »mit der Härte zu behandeln, die diesem Gesindel gebührt«. Seinem Befehl entsprechend wurden einige hunderttausend entwaffnete italienische Soldaten als »Militärinternierte« zur Zwangsarbeit verpflichtet.

In Rommels Geburtsstadt, dem baden-württembergischen Heidenheim, ist wie in vielen deutschen Städten eine Straße nach ihm benannt. Hier steht zu seinen Ehren auch ein repräsentatives Natursteindenkmal. Anlässlich des bevorstehenden 50. Jahrestages seiner Einweihung durch den damaligen Ministerpräsidenten und Nazi-Marinerichter Hans Filbinger (CDU) hat der Historiker Wolfgang Proske vorgeschlagen, das Denkmal zu entfernen oder zumindest umzuwidmen. Man könne an dieser Stelle der Opfer der KZ-Lager auf dem Heidenheimer Schlossberg gedenken. Heidenheims Oberbürgermeister Bernhard Ilg (CDU) sieht jedoch einem Pressebericht zufolge »keinen Anlass«, die angeregten Änderungen vorzunehmen. Und Ulrich Grath, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, will nicht »ständig alten Brei wieder aufkochen«.

Nun wird über eine erläuternde Tafel am Gedenkstein nachgedacht. Vom »Widerstandskämpfer« Rommel soll da nicht die Rede sein, wohl aber davon, dass Tapferkeit und Heldentum, Schuld und Verbrechen im Krieg »eng zusammen liegen«.

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