Bleib gesund!

Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen.« Ein Mensch könne »auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund« zustande kommen, »aber ein Pass niemals«. Dafür werde der Pass im Gegensatz zum Menschen auch anerkannt. So steht es in Bertolt Brechts »Flüchtlingsgesprächen«. Und so ist es auch heute noch. Schätzungen zufolge leben in Deutschland 500 000 bis 1,5 Millionen Menschen, die »papierlos« sind. Zumeist handelt es sich um Flüchtlinge, denen ihr edelster Teil vorenthalten wird, weil sie sich offiziell gar nicht hierzulande aufhalten dürfen. Wer von ihnen das Pech hat, eine lebensbedrohliche Infektion zu bekommen oder von amüsierwütigen Neonazis zusammengeschlagen zu werden, und keinen Krankenschein hat, kann sich nicht ärztlich behandeln lassen. Marlis Bredehorst (Grüne), Staatssekretärin im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium, plädierte nun für die Einführung »anonymer Krankenscheine« für Menschen, die ohne gültige Papiere hier leben. Ob sich dies durchsetzt, ist fraglich. Bislang gilt: Menschen, die nicht hier leben, können auch nicht erkranken. Wer nicht offiziell erkrankt, muss auch nicht offiziell behandelt werden. Was er jedoch auch ohne Papiere jederzeit tun darf, ist: offiziell sterben. Ein Totenschein wird schon ausgestellt werden, da wollen wir mal nicht so sein.