am grauverwachsnen himmel taumelt ein krähenschwarm und orakelt dunkle sprüche im streuwurf über den acker. faulendes kraut und zottige strünke aus dem erdreich geraffelt, mit der balkenegge zusammengeschleift und zu haufen geworfen. mitten im feld steckt noch ein pflug, gezinge samt rädern, balken aus holz, die sterze zu boden gedrückt, auf der spitze des grindels, schräg in den himmel gelehnt, ein krächzender rabe, müde, ein flugbild höheren ortes komparse einträchtigen hungers zu sein. rings um den ödhügel wintern die krautäcker ein, leer und erschöpft. das licht zu schwach, um aufzuklaren. der ewigkeit vordunkel – ein allerseelentag aus dreck und faulen strünken. durch wieviel einsamkeit stößt jener schrei, der eisig ins mark fährt außer aller welt?
Rainer Malkowski: Herbstgang
Nun steht die Sonne tief. Man kommt ins Gespräch mit seinem immer ausführlicher werdenden Schatten. Wenig Neues dabei zu erfahren. Aber das Alte gewinnt seine Wahrheit zurück, daß es einem die Kehle zuschnürt.
Günter Eich: Herbstmeer
Die Adern von Gischt auf der marmornen Brandung, wenn das Braune sich mischt in den Fluß der Verwandlung. Die See zeigt den Schliff von Kristall und von Sand, und ein segelndes Schiff ist auf Flügeln gesandt. Spät noch im Jahr prangt neben dem Meere die Sanddornbeere im Weidenhaar. In Flugsand und Schaum geschöpft und geendet, zurück in den Raum der Vergängnis gewendet, zerstäubt in den Winden Devon und Silur, im Salzhauch zu finden Planetenspur. Oktoberklar hängt ins Leere die Sanddornbeere ihr Weidenhaar.
Anna Achmatowa: Nie dagewesen
Ein niedagewesener Herbst hatte hoch eine Kuppel gebaut, Die Wolken hatten Befehl, nicht über die Kuppel zu fahren, Und es staunten die Menschen: da ging der Septemberrauch, Doch wo blieben die kühlen, nebligen Tage? Smaragden wurde das Wasser der trüben Kanäle, Und die Brennessel duftete stärker als Rosen im Wind. Betäubt von den unerträglichen, höllischen Morgenröten Behalten wir sie im Gedächtnis, solang es uns gibt. In die Hauptstadt brach, wie ein Aufrührer einfällt, die Sonne, Und es lehnte der Herbst so frühlingshaft kläglich bei ihr, Daß es schien, gleich müßten, durchsichtig, die Schneeglöckchen kommen ... Damals kamst du ruhig an die Treppe zu meiner Tür.