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Leseprobe

Die Enteignung

  • Lesedauer: 2 Min.

Hitlers erfolgreichster Marinerichter Hans Filbinger, den Horst Köhler am 23. Mai 2004 in der Bundesversammlung freudig mit Handschlag begrüßte, hatte zusammen mit vielen anderen Wahlfrauen und Wahlmännern ihn, den Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), zum Bundespräsidenten gewählt. Ich war neugierig auf den Mann und fuhr eine Woche später nach Berlin, wo er neben dem Brandenburger Tor in der Rotunde der Dresdner Bank eine Internationale Pressekonferenz abhielt. Der Andrang war groß, Köhler stellte sein frisch erschienenes Buch vor: »Offen will ich sein und notfalls unbequem«,

Das wollte ich ergründen. Darum stellte ich Horst Köhler die laut Berliner Zeitung einzige »wirklich unbequeme Frage« auf dieser Internationalen Pressekonferenz, wie seine Forderung auf Seite 135 zu verstehen sei, die (damalige) Kanzlerkandidatin Angela Merkel solle »bei der Tiefe und Breite der Reformpolitik« durchaus »Maß nehmen« an Maggie Thatcher.

Wenn Angela Merkel, so fragte ich, als mögliche Bundeskanzlerin so grundlegende Reformen anpacken solle wie Maggie Thatcher – solle sie sich dann auch an dem Reformprogramm orientieren, mit dem der IWF unter Horst Köhlers Führung Argentinien in die Krise gestürzt habe? Die Antwort des eben gewählten Bundespräsidenten war kurz und angemessen. »Diese Frage«, sagte Horst Köhler, »ist nicht zielführend«.

Aber Horst Köhler sagte noch etwas, wonach ich nicht gefragt hatte. Er sagte: »Im Übrigen, Herr Köhler, wir sind weder verwandt noch verschwägert.« Darüber war ich froh.

Ich behielt den Mann im Auge und stieß eines Tages auf ein Buch, an dem er mitgewirkt hatte: »Tage, die Deutschland und die Welt veränderten«. Der Untertitel war zielführend: »Vom Mauerfall zum Kaukasus. Die deutsche Währungsunion«.

Aus dem Vorwort von Otto Köhler zu seinem Buch »Die große Enteignung. Wie die Treuhand eine Volkswirtschaft liquidierte« (Das Neue Berlin, 349 S., geb., 19,95 €).

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