Kolonialstil

Kommentar von Ines Wallrodt

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Geste der Charité ist quasi bereits verpufft - dank der Bundesregierung. Zum ersten Mal überhaupt bat eine deutsche Forschungseinrichtung um Entschuldigung gegenüber Namibia. Für die Herero und Nama hat es eine große Bedeutung, 20 Schädel ihrer Vorfahren nach Hause bringen zu können. Darauf warten sie seit Jahrzehnten. Es bedeutet eine kleine Anerkennung von Schuld für die kolonialen Verbrechen in der einstigen Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Aber es sind nur 20 von schätzungsweise 7000 Schädeln, die in deutschen Sammlungen liegen. Die genauen Zahlen sind bis heute nicht bekannt. Ein Zeichen für das Desinteresse an kolonialem Unrecht, das sich bis heute gehalten hat. Die Schädel wurden zersägt, vermessen, seziert, um die angebliche Minderwertigkeit dieser Menschen wissenschaftlich zu untermauern. Auch sie hätten längst an die Nachfahren zurückgegeben werden müssen. Statt dessen sind die Namibier bis heute gezwungen, als Bittsteller über die Rückgabe zu verhandeln.

Bis zu 65 000 Herero sind dem ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallen - und 10 000 Nama, von denen kaum jemand spricht. Zur Anerkennung von Schuld gehört auch, die Sache beim Namen zu nennen, statt aus Angst vor Entschädigungsforderungen den Völkermord weiter zu leugnen. Eine Praxis, die die Bundesregierung - egal welcher Couleur - seit Jahren betreibt und mit dem Verweis auf Entwicklungshilfe bemäntelt. Eine überzeugende Auseinandersetzung mit dem Kolonialerbe steht weiter aus.

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