BLOGwoche: Linke Apps

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.
Da soll noch einer sagen, die Linke sei eine hoffnungslos altmodische Partei: Seit Neuestem gibt es Apps für iPhone und iPad von der Linken, Bundesgeschäftsführerin Caren Lay freute sich über einen »Meilenstein auf dem Weg in die digitale Welt«. Als jemand, »der was mit Medien macht«, sitzt man nun da vor seinem Macbook Pro, und weiß nicht recht: Ist das nun der direkte Draht zur Zielgruppe, ein Beitrag zur Verbreitung des »Markenkerns«, ein Schritt aus der Krise der Linken? Werden sich die Wolfsburger Arbeiter bald durch die Push-Nachrichten aus dem Parteivorstand wischen? Werden Hartz-Empfänger ihre iPads hervorkramen, um die Möglichkeit zum »direkten Kontakt« mit Klaus Ernst zu nutzen? Und, vor allem, ist solche Art von Mäkelei, die das Ankommen der Linken im Sanktuarium der urbanen Distinktion gleich als Kniefall vor der konsumistischen Kirche des Steve Jobs ansehen will, überhaupt die richtige Reaktion?

Vorurteile verstellen die Sicht: Was können die Apple-ausgerüsteten Werktätigen, »die sich für unsere Politik interessieren oder mit uns sympathisieren« (Lay), wenn einem die iPhone-Angeberei von Journalisten-Kollegen auf die Nerven geht? Die Affinität, lernt man aus einer Studie zur Verbreitung der modischen Computerbretter, ist bei den Einkommen über 5000 Euro am höchsten – aber die Verbreitung eben doch unter den Normalverdienern am größten. Und was könnte besser für die Linke-App sprechen als dies: Kürzlich saß der Autor auf dem Weg zur Veranstaltung der Luxemburg-Stiftung im Taxi, weder er selbst noch der Fahrer wussten mangels genauer Adresse, wo das Hamburg-Haus-Eimsbüttel ist. »Kein Problem«, nahm der Fahrer sein iPad, schaute nach und schon waren wir auf dem Weg. Während der Fahrt erzählte der Mann aus Griechenland von seinem Onkel, der »sehr links« sei, was man daran erkennen konnte, dass er in den siebziger Jahren einen Fernseher aus DDR-Produktion besaß und allen technischen Unzulänglichkeiten zum Trotz stets lobte. 

Der Autor ist Redakteur der Wochenzeitung »Freitag« und Mitbetreiber des Weblogs »Lafontaines Linke«;

zum Weiterlesen: www.lafontaines-linke.de
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