nd-aktuell.de / 04.10.2011 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 10

Schmutziges Öl aus Kanada

Der Streit über die umstrittene Pipeline Keystone XL nach Texas weitet sich aus

Trotz Protestaktionen in Ottawa und Washington erwarten Rechtsexperten grünes Licht von der US-Regierung für die umstrittene Öl-Pipeline Keystone XL. Das würde der als klimaschädlich verurteilten Ölsand-Industrie in Kanada Auftrieb verschaffen.
Die Demonstration hätte als typisch kanadisch bezeichnet werden können – zivilisiert, freundlich und leise. Als sich vergangene Woche schätzungsweise 300 Demonstranten vor dem Parlament in der kanadischen Hauptstadt Ottawa versammelten, um gegen die umstrittene Ölsand-Pipeline Keystone XL zu demonstrieren, war nichts von der Wut und der Lautstärke zu spüren, die ähnliche Proteste zuvor in Washington geprägt hatten.
Die Protestaktion macht deutlich – wenn es um die heimische Ölsand-Industrie geht, bleibt die Öffentlichkeit des Landes relativ emotionslos. Die Pipeline – eine Erweiterung von Keystone-I – soll über rund 3000 zusätzliche Kilometer die Ölsand-Felder im kanadischen Alberta mit texanischen Ölraffinerien am Golf von Mexiko verbinden. Politiker und Bürgergruppen in den sechs amerikanischen Staaten, welche die Erweiterung durchqueren würde, fürchten Umweltschäden an empfindlichen Ökosystemen. Außerdem würde das sieben Milliarden US-Dollar teure Projekt der besonders klimaschädlichen Ölsand-Industrie weiteren Aufschwung geben.

Seit der Regierungsübernahme durch die Konservativen im Jahre 2006 wird es den Kanadiern eingeimpft: Albertas Ölsand stehe für Arbeitsplätze und gesicherte Energieversorgung im 21. Jahrhundert. Premierminister Stephen Harper sieht dabei die geschätzten 180 Milliarden Barrel, die noch aus dem Ölsand gefördert werden können als Mittel, um Kanada nach eigenen Worten in eine »Energie-Supermacht« zu verwandeln. Harpers politische Heimat ist Albertas Wirtschaftsmetropole Calgary, wo konservative Regierungen die Energiepolitik zu einem zentralen Thema gemacht haben. Es geht um enorme Summen. Joe Oliver, Minister für Natürliche Ressourcen in Harpers Kabinett, sagt: »Uns wurde versichert, dass die Ölsand-Industrie in den nächsten 25 Jahren rund 2,3 Billionen Dollar an Wirtschaftsaktivität verursachen wird.«

Harpers Strategie scheint aufzugehen, denn in Washington wird erwartet, dass die Obama-Regierung bis zum Jahresende der Keystone-Erweiterung zustimmen wird, da Studien das Projekt als solide und ungefährlich für die Umwelt bezeichnen.
In den amerikanischen Bundesstaaten, welche die Pipeline durchqueren wird, sieht man dies allerdings anders. Dort wird darauf hingewiesen, dass Keystone XL besonders schmutziges Öl, das Bitumen, transportiert und Lecks gewaltige Umweltschäden verursachen könnten. In Nebraska verläuft die Pipeline durch den so genannten Ogallala-Aquifer, eines der größten Grundwasserleiter-Systeme der Erde, das zwei Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt. Der Gouverneur des Staates, Dave Heineman, hat daher in einem Brief an Präsident Obama und Außenministerin Clinton gefordert, dem Projekt die Zustimmung zu verweigern.