nd-aktuell.de / 06.10.2011 / Kultur / Seite 15

Ein Moment Frieden

Ein Militärwagen in Libyen, frontnah. Auf dem Dach die Waffe zeigt an, dass man auf der Höhe der Zeit ist. Die dort fahren, wissen um die Nähe des Kampfes, des Todes. Raketen könnten aufsteigen, niederstürzen auf das Leben da. Fast sieht auch der Himmelstreifen aus wie ein Zeichen des Krieges. Nein. Natur »schießt« zurück. Ein Regenbogen. Zauber kennt keine Frontlinien. Er übertritt. Er übergeht alles mit Pracht. In einem Gedicht von Hans Magnus Enzensberger sehen ruandische Mörder einen doppelten Regenbogen und lassen für einen Moment die Messer sinken, dann töten sie weiter. Glanz und Gewalt. Das eine als Falltür ins andere. Der Boden der Tatsachen ist immer ein doppelter.

Es setzt der Wagen da seinen Weg fort durch gefährliches Gelände. Gepresst ins Elend, gefangen unterm Bogen, den er ständig überspannt, bleibt der Mensch ein Unerlöster. Zwischen Grauen und Leuchten, zwischen Schrecken und Schönheit. Blicke himmelwärts: Angriff oder Anmut?