nd-aktuell.de / 07.10.2011 / Brandenburg / Seite 12

Puppenspiel und Popmusik

»Krug in the box« im Stadtbad Steglitz

Anouk Meyer
Simpler geht’s nicht: Das Bühnenbild eine Pappwand, dahinter ragen Besenstiele mit aufgesetzten Handpuppen in die Luft. Das Ein-Frau-Theaterstück mit Puppenspiel und Popmusik, als das die Berliner Performance-Künstlerin Bridge Markland Kleists Komödie »Der zerbrochene Krug« im Stadtbad Steglitz inszeniert, ist trotzdem – oder gerade deshalb – ein Riesenspaß für die Zuschauer.

»Krug in the box« hat die Verwandlungskünstlerin ihren neuen Streich getauft, zuvor hatte sie in ihrer Reihe »classic in the box« bereits die Biografie Schillers und Goethes »Faust« als Solo mit Rollenwechsel und Handpuppen im Vollplayback auf die Bühne gebracht. Im Kleist-Jahr 2011 hat Bridge Markland nun also den »Zerbrochenen Krug« einer Generalsanierung unterzogen und in eine frische Performance verwandelt.
Zwar läuft das Stück als Hörspiel vom Band, die Rollen von Schauspielern eingesprochen, doch bewegt Markland so synchron die Lippen, agiert mimisch und gestisch so ausdrucksstark, dass man oft vergisst, nicht ihre Stimme zu hören. Eine Haube mit gelbem Strickzopf, eine schwarze Richterrobe reichen ihr, um blitzschnell die Rolle zu wechseln von Richter Adam zur Jungfer Eve Rull oder deren Mutter; dann wieder erweckt sie eine der Handpuppen, angefertigt von der kolumbianischen Künstlerin Lorena O. Monsalve, zum Leben.

Und auf diesen Mix aus Text, Schau- und Puppenspiel stoßen nun auch noch Ausschnitte aus Pop- und Schlagersongs, immer passend und taktgenau eingespielt. Gerade rechtfertigt Richter Adam so weitschweifig wie verlogen den Verlust seiner Perücke, da kreischen Die Ärzte »Wenn ich das wüsst', warum mein Haar so ist«. Und während Eve ihrem Ruprecht verzeiht, dass er ihr nicht geglaubt hat, erklingt die Countryschnulze »Stand by your man«. Ob Oasis, Annett Louisan oder The Cure, ob Udo Jürgens, Knorkator oder Marlene Dietrich – die kurzen Liedausschnitte passen auf den Punkt und geben dem Lustspiel eine coole und amüsante Note.

Das funktioniert aber nur durch Bridge Marklands Gespür für Timing, ihre Lust an der Verwandlung und ihr schauspielerisches Talent: Die vor 50 Jahren unter dem Namen Brigitte geborene Theater- Performance-Künstlerin, deren Spezialität blitzschnelle Verwandlungen auf der Bühne sind, zieht Kleists Komödie bei allem Spaß nicht ins Lächerliche, sondern lässt dem Stück seine Vielschichtigkeit. So modern kann Klassik sein!

Bis 8.10., 20 Uhr; Stadtbad Steglitz, Bergstr. 90, Karten unter Tel.: (030) 54 77 31 18