Mit links

Wolfgang Beltracchi - der Maler ist Hauptangeklagter im Kölner Kunstfälscherprozess

  • Marion Pietrzok
  • Lesedauer: 2 Min.

Dieser Ruhm ist ihm sicher: Der Maler Wolfgang Beltracchi, seit gut einem Jahr in Haft, hat einen Kunstfälscherskandal ausgelöst, der wohl der größte der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte ist. Die Fälschung der Hitler-Tagebücher war läppisch dagegen. Jetzt wurde Beltracchi, seiner Frau Helene, deren Schwester Jeanette S. und Compagnon Otto S. wegen schweren bandenmäßigen Betrugs der (kurze) Prozess gemacht. Verkürztes Verfahren dank Geständnis. In der übernächsten Sitzung wird das Urteil erwartet. Offen ist bislang noch, ob schon ein Darsteller in einer »Schtonk«-artigen Kinokomödie für den blondgelockten 60-jährigen Sunnyboy mit dem frech-vorwitzigen Bart gesucht wird. Bei der eher gewöhnlichen Story »Aufstieg und Fall des Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg« schlug immerhin schon das Fernsehen zu.

Als ausgesprochen filmreif schilderten Beobachter das Geschehen im Verhandlungssaal des Kölner Landgerichts. Da wurde geweint und geschluchzt und die große Liebe geschworen, nur werden nun leider die 168 Zeugen nicht geladen - das hätte doch jede Menge Sequels gesichert. Aber schon allein im Drehbuch, sprich: den Akten und den Medienberichten, den Hergang des Verbrechens zu lesen, macht rote Ohren und heruntergeklappte Kinnlade. Spannend wie der beste Krimi die Verwicklungen von Museums-, Kunsthandels- und Expertisen-Koryphäen in die Hochstapelei, die mit so viel Energie vor sich ging. Und es zeigt sich, dass es neben krimineller die von Intelligenz, Witz und vor allem großem Kunsttalent war.

Wolfgang Beltracchi, geborener Fischer, der den Namen seiner Frau übernahm, fischte im Trüben aus Spaß an der Sache und um sich einen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren. Er fälschte Moderne-Klassiker der sogennanten zweiten Reihe, u.a. Heinrich Campendonk, Max Ernst, Max Pechstein. Und schuf nicht Kopien, sondern perfekt »nachempfundene« Werke, die im Oeuvre dieser Künstler noch gefehlt hätten. Lässig, wie wahre Größe es sich leisten kann, gab er über seine Arbeitsweise zu Protokoll: »Einen Linkshänder male ich mit Links.«


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