Kein zweiter Golf von Mexiko

Kolumbien stoppte vor zwei Karibikinseln die Öl- und Gasförderung

  • Lesedauer: 3 Min.
Die studierte Biologin June Marie Mow aus Providence leitet ein Programm über Konfliktmanagement in Kolumbien.
Die studierte Biologin June Marie Mow aus Providence leitet ein Programm über Konfliktmanagement in Kolumbien.

ND: Ist Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos jetzt ein Umweltaktivist?
J.M. Mow: Angeblich immer schon, sagt er. Na ja.

Warum hat er denn jetzt die Öl- und Erdgasförderung um die Inseln San Andrés und Providencia herum verboten?
Es gab eine große Kampagne, mit Mails und Briefen, auch von »Rettet den Regenwald«. Viele haben ihm klargemacht, dass die Einwohner von San Andrés und Providencia die Ölförderung im Meer ablehnen. Jetzt soll er sich mit dem neuen Umwelt und dem Bergbauminister zusammengesetzt haben, die sich den Fall genau angesehen haben. Santos hat das Verbot auch damit begründet, dass es sich um ein Biosphärenreservat handelt. Wir von der Providence-Stiftung haben ihm neulich einen Prachtband über alle Biosphärenreservate der Welt zukommen lassen und er sagte, er wolle sich darum kümmern.

Ist jetzt Entwarnung angesagt?
Nein, aber wir haben jetzt Zeit gewonnen, um über eine längerfristige Strategie nachzudenken. Zugleich wollen wir eine Kampagne für die ganze Karibik starten.

Wie das?
Die Karibik darf kein zweiter Golf von Mexiko werden. Viele Regierungen machen großen Druck, die Ölförderung dringt bis an die letzten Grenzen vor. Mit Jamaica hat Kolumbien sogar ein entsprechendes Abkommen abgeschlossen, Santos war auch schon dort, und dazu hat er jetzt nichts gesagt. Nicaragua will Öl und Gas fördern, ebenso Belize und Barbados.

Gibt es in dieser Frage einen Unterschied zwischen linken und rechten Regierungen?
Nein, sie folgen alle derselben Marktlogik. Nur in Costa Rica ist es ein bisschen anders: Dort hat eine starke Umweltbewegung die Regierung dazu gezwungen, Tagebaue zu verbieten.

Und in Kolumbien? Santos hat ja das Umweltministerium wiederbelebt ...
Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt soll ein Plan zum Schutz der Meere ausgearbeitet werden, da werden wir uns einmischen. Wir wollen, dass die Ölförderung ganz verboten wird. Ansonsten arbeiten wir mit den Bewegungen in anderen Landesteilen zusammen. Wir brauchen Alternativen zu den fossilen Brennstoffen oder auch zur sehr umweltschädlichen Goldförderung.

Ist da auch ein Umsteuern zu erkennen?
Nein, fast täglich gibt es neue Hiobsbotschaften über Bergbauprojekte auf Indianerland oder über den Kohletagebau an der Karibikküste, durch den die Wasservorräte der Bevölkerung bedroht werden.

Ganz Lateinamerika erlebt ja einen regelrechten Rohstoffboom. Welche Rolle spielen dabei Menschenrechte und Umweltschutz?
Meistens stehen die schönen Nachhaltigkeitsversprechen der Firmen nur auf dem Papier, in der Praxis sieht das ganz anders aus. Aber immer mehr betroffene Gemeinschaften wehren sich.

Kolumbien drängt auf die Ratifizierung der Freihandelsverträge mit den USA und der EU. Wäre das ein Hebel, um die größten Auswüchse zu unterbinden?
Theoretisch ja. Aber das darf nicht nur auf dem Papier stehen. In Kolumbien haben wir sehr gute Gesetze, nur werden die selten eingehalten. Das ist zunächst unsere Verantwortung - aber auch die der EU. Umweltschutz und Menschenrechte sind nicht nur in Europa wichtig.

Fragen & Foto: Gerhard Dilger

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