Eine Stimme der Provinz

Theatergastspiele jenseits der Großstädte

  • Uwe Kraus, Wolfsburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Damit Kunst und Kultur nicht nur in den großen Städten stattfindet, gibt es die Interessengemeinschaft der Städte mit Theatergastspielen (INTHEGA). Sie entstand 1980, um Kulturarbeit in der Provinz in den Mittelpunkt zu rücken.

»Wir sind die Stimme der Kultur in der Provinz«, sagt Rupert Kubon, Oberbürgermeister von Villingen-Schwenningen und Präsident der Interessengemeinschaft der Städte mit Theatergastspielen (INTHEGA) selbstbewusst. »Und da muss man schon wegen der weiten Fläche schon etwas lauter sein als in den Metropolen, um stärker gehört zu werden.« Die INTHEGA, die sich in dieser Woche zu ihrem Herbstkongress und einem Theatermarkt in Wolfsburg traf, vertritt einen historisch gewachsenen und eigenverantworteten Teil des deutschsprachigen Kultursystems. Die knapp 400 Mitglieder sind Träger und Ausrichter öffentlicher Kultur in Städten und Gemeinden ohne eigenes Theaterensemble.

»Unseren Mitgliedsstädten liegt ein qualifiziertes kulturelles Angebot am Herzen«, erläutert INTHEGA-Geschäftsführer Thomas Löffler. »Wir vertreten insgesamt etwa zwölf Millionen Bewohner kleiner und mittelgroßer Städten und Gemeinden sowie die Menschen in den umliegenden Regionen.«

Rupert Kubon sieht die INTHEGA auch als Wirtschaftsfaktor: »Jährlich setzen wir 50 Millionen Euro für kulturelle Veranstaltungen um.« Doch der SPD-Politiker sieht dunkle Wolken am Horizont. »Ich rechne mit kritischen Situationen, denn es sieht so aus, als wenn Bund und Länder ihr Geld für die Rettung von Banken und Staaten letztlich aus dem freiwilligen Bereich abziehen könnten. Damit kürzen sie das Lebensmittel Kultur für unsere Menschen in den Städten und Gemeinden.« Neben der Servicefunktion seiner Organisation sieht Kubon auch eine politische Aufgabe, im Kulturausschuss des Deutschen Städtetages die Stimme für die Kultur in der Provinz zu erheben. Er sagt aus seiner Erfahrung als Dezernent in Dessau aber auch ehrlich, dass, wenn zwei Drittel des städtischen Kulturetats allein von einem Theater mit festem Ensemble aufgefressen werden, das Haus so auf Dauer nicht zu halten sei.

Die INTHEGA sucht die Partnerschaft mit denen, die Theater in der Fläche machen, besonders den privaten Tourneetheatern und den Landesbühnen. Thomas Löffler verweist auf den »Theatermarkt«, der an jede Tagung seiner Vereinigung gebunden sei. In Wolfsburg drängten sich die Leiter von städtischen Kulturämtern und Veranstaltungsstätten an den 175 Ständen. Rund 20 davon belegten Landesbühnen, die ihre Vorstellungen zur Hälfte nicht in ihren Häusern, sondern in Abstecherorten geben. Die »Kunden« können in einem 360-Seiten-Katalog ihre Wunschproduktion auswählen. Das reiche von Ein-Personen-Stücken bis hin zum »Ring der Nibelungen« in einer 90-Minuten-Fassung.

Die Chefin der INTHEGA-Ländergruppe Ost, Bettina Götze, Geschäftsführerin der Kulturzentrum Rathenow gGmbH erklärt: »Wir arbeiten eng mit den Landesbühnen zusammen. Unsere Besucher waren total begeistert, in Rathenow durch das Gastspiel des Nordharzer Städtebundtheaters mal wieder richtiges Musiktheater zu erleben.« Schließlich verfüge das Land Brandenburg, in dem Rathenow liegt, über kein Musiktheater mehr, das auswärts spiele. Götze fürchtet jedoch, dass durch die Kürzungen von Theatergeldern in Sachsen-Anhalt »auch wir als Partner abgehängt werden, wenn das feste Ensemble im Nordharz zur Disposition gestellt werden soll«.

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