nd-aktuell.de / 29.10.2011 / Politik / Seite 1

Stopp für Euro-Geheimgremium

Einstweilige Anordnung aus Karlsruhe stärkt Rechte des Parlaments

Fabian Lambeck
Bundesverfassungsgericht zieht die Notbremse: Das neue Sondergremium des Bundestages zur Euro-Rettung darf vorerst nichts entscheiden.

Das Bundesverfassungsgericht hat am Freitag einen Teil der Verfahrensregeln für die deutsche Beteiligung an EFSF-Nothilfen vorläufig gestoppt. Damit ist klar, dass das erst am Mittwoch gewählte neunköpfige Sondergremium des Bundestags zum europäischen Rettungsfonds EFSF vorerst keine Entscheidungen treffen darf.

Das Gremium sollte in dringenden Fällen EFSF-Hilfen möglichst schnell abnicken. In der kleinen Gruppe sitzen drei Vertreter der CDU, je zwei von SPD und FDP sowie je ein Abgeordneter von Linkspartei und Grünen. Besonders brisant: Die kleine Gruppe sollte nicht nur Eilentscheidungen treffen, sondern regelmäßig Maßnahmen wie den Aufkauf von Staatsanleihen genehmigen. Den beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Swen Schulz und Peter Danckert ging das zu weit. Sie hatten am Donnerstag in Karlsruhe Beschwerde eingereicht. Danckert erklärte, »dass die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen des Bundestags auf ein solches Kleinstgremium« seine Rechte als Abgeordneter einschränke.

Das Bundesverfassungsgericht folgte dieser Argumentation und erließ eine einstweilige Anordnung. Somit darf sich das Gremium vorerst nicht konstituieren. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass das Votum der Gruppe die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestags berühre. Wenn diese eine »mögliche Rechtsverletzung« beginge, so die Richter, dann wäre dies nicht mehr rückgängig zu machen, da die Bundesrepublik mit einer Zustimmung zu den EFSF-Maßnahmen »völkerrechtlich bindende Verpflichtungen« eingegangen wäre.

Die Entscheidung aus Karlsruhe ist nur vorläufig. Wann das Hauptsacheverfahren abgeschlossen sein wird, weiß derzeit niemand. Solange werden Parlament und Haushaltsausschuss zuständig sein. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gab sich am Freitag entspannt: Aus heutiger Sicht sei »keine konkrete Situation absehbar, in der dieses Neuner-Gremium sicher hätte tagen müssen«. Die Konstituierung des Gremiums werde »selbstverständlich« ausgesetzt, so Lammert.