Die Zeit ist reif

  • Richard Färber
  • Lesedauer: 2 Min.

Vor gut einem Jahr wollte der Koordinierungskreis »Aktion Georg Büchner« nicht auf bessere Zeiten warten und rief zum Bankenprotest an einem Werktag mitten in Frankfurt am Main auf. Mit einer Absage der Veranstaltung kamen die Organisatoren allerdings einer öffentlichen Blamage mangels Masse und Offenbarung der eigenen Schwäche zuvor. Beigetragen hatte auch die Einsicht, dass die Resonanz auf den Aufruf bei den Beschäftigten doch geringer sein würde als erhofft.

Im Herbst 2011 scheinen die Zeichen für wirksame Bankenproteste von außen und von innen besser zu sein denn je. Dazu tragen nicht nur die atemberaubenden internationalen wirtschaftlichen Turbulenzen bei, die den Nährboden für eine weit verbreitete Banken- und Kapitalismuskritik liefern. Eigentlich sollte jetzt die Gewerkschaftsbewegung mit ihren Verbündeten zu Massenprotesten gegen Banken und Großkonzerne aufrufen und auf den Straßen und Plätzen Forderungen nach »Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und anderen wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum« (IG Metallsatzung) stellen.

Dass die DGB-Spitze stattdessen Ende September die Bundestagsabgeordneten zur Unterstützung des »Rettungspakets« für Griechenland aufforderte, hat an der Basis auch Murren ausgelöst. Manche Gewerkschaftsinstanzen fordern nun ihre Mitglieder zur Teilnahme an Protestcamps der Occupy-Bewegung nur ohne gewerkschaftliche Embleme und Fahnen und ohne eigenes Profil auffordern. Das ist indes kein Ersatz für eigenes Handeln, sondern im schlimmsten Falle ein Alibi für die eigene Passivität.

Ein Ansatz, um den Bankenprotest von innen und von außen zu vernetzen, ist aktuell naheliegend. Letztes Jahr übernahm die Deutsche Bank die Mehrheit bei der Postbank. Jetzt plant die Konzernzentrale schmerzhafte Einkommenskürzungen und unbezahlte Mehrarbeit. Das hätte für die Beschäftigten Einbußen von rund 30 Prozent zur Folge. ver.di organisiert 80 Prozent der Postbank-Belegschaft und drohte am Donnerstag erneut bundesweit bei Betriebsversammlungen mit Streiks. Was spricht also noch gegen einen Schulterschluss zwischen den ver.di-Mitgliedern und der Occupy-Bewegung,und zwar mit Gewerkschaftsfahnen?

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