Mit Schultrojanern gegen Plagiate?

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 2 Min.

Software, mit deren Internetnutzer ausgespäht werden können, könnte bald auch an Schulen eingesetzt werden. So postete am 31.10.2011 das Portal netzpolitik.org (bit.ly/tvEYwl), im Dezember 2010 hätten die Kultusminister mit Schulbuchverlagen und Verwertungsgesellschaften einen entsprechenden Vertrag »zur Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke in Schulen« geschlossen. Dieser sei seit Januar 2011 in Kraft und sehe u.a. vor, dass »(frühestens) im kommenden Frühjahr 1 Prozent der Schulrechner mit Hilfe eines Schultrojaners auf ›Plagiate‹, gemeint sind urheberrechtlich geschützte Werke, untersucht werden sollen.« Dann müssten Schulen Ansprechpartner nennen und die Bundesländer sich verpflichten, »bei Bekanntwerden von Verstößen gegen die in diesem Gesamtvertrag festgelegten Vorgaben für das Vervielfältigen von urheberrechtlich geschützten Werken gegen die betreffenden staatlichen Schulleiter und Lehrkräfte disziplinarische Maßnahmen einzuleiten«. Damit öffnen die Kultusminister der Wirtschaft die Türen, exekutive Gewalt auszuüben. Laut netzpolitik.org sei es »äußerst fragwürdig, ob das rechtlich durchführbar ist. (…) Noch ist Zeit, den Einsatz dieser Schnüffelsoftware zu verhindern.«

Für Martin »passt dies ins Bild. Warum sollten die Kultusminister mehr Sensibilität beim Einhalten von Grundrechten zeigen, als die Innenpolitiker.« Jeremias wendet ein: »Entweder die mit dem Durchsuchungsprogramm durchsuchten Rechner sind frei von personenbezogenen Daten (was sehr schwer anzunehmen sein dürfte) oder das Überwachungsprogramm verarbeitet diese, wenn sie drauf sind. Auf welcher Rechtsgrundlage eigentlich?« nutellabelliner ergänzt: »noch viel schöner dürfte es sein, weil die rechteinhaber mit sicherheit den quellcode nicht offenlegen werden und den schulen damit ein stück software auf die rechner geschoben wird, bei dem niemand auch nur ansatzweise wissen kann, was die software eigentlich tut und noch tun könnte.«

Kyran findet das »den Gipfel. So wenig Taktgefühl für die aktuelle Lage und soviel Blindheit in einem lässt sich wirklich nur noch mit Korruption erklären. Es ist doch hinlänglich bekannt, dass gefühlte 50 Prozent aller eingesetzten Materialien ›Plagiate‹ sind. Anders ist heutzutage guter Unterricht auch gar nicht möglich, da das Geld dafür nicht vorhanden ist. Man muss sich nur mal vor Augen führen, dass an manchen Schulen die Lehrer! die Unterrichtsmaterialien (Kopien, usw.) stellen müssen. Schon die Kopien der Klausur für 3, 4 Klassen brauchen das gesamte Kontingent eines Jahres auf. Kontextorientierung und Schülerzentrierung am Arsch, wenn sich das durchsetzt kann man sich ausmalen, das dann wieder aus dem Buch vorgelesen wird.«

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