Kippt sie ganz!

Kommentar von Ines Wallrodt

  • Lesedauer: 2 Min.

Bei kleinen Parteien fallen einem schnell die vielen Spaß- und Spinnerparteien ein, die die Wahlzettel von Mal zu Mal länger machen. Bibeltreue Christen, Autofahrer, Biertrinker - und die sollen wirklich ins Europaparlament einziehen dürfen? Das Entsetzen ist nachvollziehbar, nur: Was ist das für ein Argument? Mit welcher Legitimation erklärt man ihre Wahl für ungültig? Genau das tut die Fünf-Prozent-Hürde. Sie sagt: falsch gewählt, Pech gehabt. Die Sperrklausel ist nicht nur für die Europawahl nicht begründbar, sie muss auch für Landtags- und Bundestagswahlen fallen. Koalitionsbildungen können dadurch erschwert werden, aber stabile Regierungen sind kein Selbstzweck.

Und deutlich mehr spricht gegen die Klausel. Ohne die Hürde würden alle Wahlentscheidungen gleich im Parlament repräsentiert. Bürger wählen dann zudem eher die Partei, die sie tatsächlich bevorzugen, und nicht die, die fünf Prozent schafft. Vor allem aber: Wenn viele Menschen nicht die größeren, sondern Splitterparteien wählen, ist das Ausdruck schwindender Bindekraft. Die Etablierten sollten ihre Unattraktivität nicht dadurch kompensieren dürfen, dass sie einfach die Konkurrenz aussperren. Selbst der Verweis auf den wünschenswerten Ausschluss der Nazis taugt nicht. Denn erstens lässt sich so weniger leicht verdrängen, wieviel Rückhalt sie tatsächlich haben, und zweitens können Nazis kein Grund sein, andere Parteien mit wichtigen Anliegen abzuservieren.

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