Personalplanung bei Rot-Schwarz

SPD und CDU wollen in dieser Woche Ressortzuschnitte klären und Ämter besetzen

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(dpa/nd). Das Spannendste kommt immer zum Schluss. In dieser Woche wollen die rot-schwarzen Koalitionäre in Berlin die Ressortzuschnitte klären und sie untereinander verteilen. Dann sollte auch bald feststehen, wer in der Hauptstadt künftig Senator oder Senatorin wird. Gewiss ist auf der Zielgeraden jedoch nur, wer Regierender Bürgermeister wird. Klaus Wowereit (SPD) soll am 24. November für seine dritte Amtszeit im Abgeordnetenhaus gewählt werden. 14 Tage später will er dann die acht Regierungsmitglieder ernennen.

Alles hängt davon ab, ob Sozial- und Christdemokraten bei dem Zuschnitt bleiben, den der rot-rote Vorgängersenat hinterlässt, oder ob sie andere Varianten bevorzugen. Unklar ist auch noch, ob die CDU künftig drei oder sogar vier Senatsverwaltungen leitet. Schließlich ist die Union mit 23,4 Prozent wesentlich stärker als die LINKE vor fünf Jahren mit 13,4 Prozent, die drei Ressorts verantwortete.

Als nahezu sicher gilt, dass Finanzsenator Ulrich Nußbaum (54) im Amt bleibt. Er ist erst im Mai 2009 als Nachfolger von Thilo Sarrazin (SPD) nach Berlin gewechselt. Obwohl der Jurist parteilos ist, versteht er sich gut mit Wowereit, der ihn aus Bremerhaven berufen hat. Auch Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) sehen die meisten weiter im Amt. Die Frauen in der SPD pochen darauf, mehr Frauen auf Führungsposten zu berufen. Die 62-Jährige führte ihr Amt überwiegend geräuschlos und skandalfrei.

CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel (47) gilt als Berlins nächster Innensenator. Die Sicherheitspolitik ist das Kernthema der CDU. Henkel als langjähriger Innenexperte seiner Fraktion führte den rot-roten Senat damit besonders gern vor. Der langjährige Amtsinhaber Ehrhart Körting (69, SPD) hat zudem bereits seinen Rückzug aus dem Senat angekündigt.

Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass Michael Müller nach zehn Jahren als SPD-Fraktionschef in den Senat wechselt. Hier schwanken die Voraussagen zwischen dem mächtigen Gestaltungsressort Stadtentwicklung/Wohnungsbau/Verkehr und Wirtschaft. Beide Senatsverwaltungen könnten noch um den Punkt Infrastruktur erweitert werden, um das SPD-Ziel umzusetzen, künftig die Gas- und Stromversorgung wieder stärker unter kommunale Verantwortung zu bringen und dafür Stadtwerke zu gründen.

Würde Müller (46) Stadtentwicklung übernehmen, käme für das Wirtschaftsressort auch der Berliner SPD-Landesschatzmeister Harald Christ in Frage. Der umtriebige Unternehmer (39), der ein Millionenvermögen mit dem Verkauf von Fondsbeteiligungen machte, gehörte 2009 auch zum Schattenkabinett von Ex-SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Ginge die Wirtschaftsverwaltung an die CDU, wird über Partei-Vize Thomas Heilmann (47) spekuliert. Der erfolgreiche Unternehmer, Mitbegründer der Werbeagentur Scholz & Friends, bringt wertvolle eigene Erfahrungen dafür mit. Doch der eloquente und eitle Selfmademan ist nicht unumstritten in der CDU.

Schwierig sind die Ambitionen von CDU-Partei-Vize Monika Grütters einzuschätzen. Die ausgewiesene Kultur- und Wissenschaftsexpertin stünde wahrscheinlich für ein Senatsressort in dieser Kombination zur Verfügung. Doch dafür müsste die 49-Jährige den Vorsitz des Kulturausschusses im Bundestag aufgeben. Und die Ressorts müssten extra für sie anders zugeschnitten werden. Denn derzeit verantwortet Wowereit das Kulturressort mit, und Wissenschaft gehört zu Bildung. Doch das problembehaftete Bildungsressort möchte Grütters nicht.

Auch hier zieht sich der Amtsinhaber - Jürgen Zöllner (66, SPD) - zurück. Deshalb ist unklar, ob Bildung bei der SPD bleibt. Eigentlich zählt es zu den klassischen Gestaltungsressorts der Sozialdemokraten, doch bringt es den Senatoren regelmäßig viel Kritik und Frust ein. Eine Variante wäre auch, Bildung in der Zuwanderermetropole Berlin mit Integration zusammenzulegen. Dafür böte sich SPD-Fraktions-Vize Dilek Kolat an. Mit der türkischstämmigen Wirtschaftsmathematikerin (44) würde die SPD gleich zwei eigene Ansprüche erfüllen: Frauen und Migranten stärker in Führungspositionen zu bringen.

Kolat wird auch als künftige Senatorin für Arbeit, Soziales und Integration genannt. Das wäre der bestehende Ressortzuschnitt. Legte die SPD jedoch Bildung und Integration zusammen, könnte der CDU-Partei- und Fraktionsvize Michael Braun (55) Senator für Arbeit und Soziales werden. Für den bisher von der LINKEN verantworteten Bereich Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz wird der CDU-Fraktions-Vize Mario Czaja genannt. Der Diplom-Volkswirt (36) leitete als Gesundheitsexperte seiner Fraktion diese Arbeitsgruppe in den Koalitionsverhandlungen.

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