Day of Action

Occupy Wall Street - Teilnehmer bleiben von Räumung unbeeindruckt

  • Lesedauer: 3 Min.
Die kalte Räumung des „Occupy Wall Street“-Ursprungslagers (OWS) Anfang dieser Woche – Zelten ist im Zuccotti-Park nicht mehr erlaubt, den Mund aufmachen schon – hat die Demonstranten keinesfalls demoralisiert. Man schläft eben anderswo und findet sich morgens wieder vor Ort ein.
Nach diesem Motto agierten am Donnerstag Tausende zum Internationalen Aktionstag. Schon um sieben Uhr hatten sich Hunderte zusammengetan, um die Wall Street zu „besetzen". Mehrere Polizeiketten wurden zunächst überrannt, dabei erfolgten die ersten Festnahmen. Später um 9.30 Uhr – wenn die berühmte Wall-Street-Glocke zur Eröffnung des Aktienhandels erklingt – waren es mehrere Tausend.

Aber die massiv verstärkte Polizei sorgte dafür, dass das Kasino und seine Banker ihre Arbeit aufnehmen konnten. Während die großen TV-Sender den Schriftzug „Wall Street eröffnet niedriger" (-0,51 Prozent) über die Bildschirme flimmern ließen, zerrten Polizeibeamte Straßenblockierer zur Seite. In einigen Fällen prügelten sie ein. Um zehn Uhr morgens war die Rede von über 50 Festnahmen. Doch mehrere Tausend harrten, durch Polizeiketten von den Straßen um die Wall Street getrennt, auf den Bürgersteigen aus. Die Blockadeaktion verfolgen drei Live-Kameras (eine davon hier: www.ustream.tv/theother99).

Sind die Proteste die Vorboten von massiven sozialen Unruhen auch in den USA, wie die Internationale Arbeitsorganisation ILO Ende Oktober prognostiziert hat? Es ist höchst wahrscheinlich, weil sich die soziale Kluft in den USA sehr viel mehr vergrößern wird. Denn ein sogenannter „Superausschuss" im Washingtoner Kongress hat die Aufgabe, bis zum 23. November, also in sieben Tagen, ein Austeritätsprogramm für die USA vorzustellen. Es geht um 1,2 Billionen Dollar, die eingespart werden sollen. Wo die Axt angelegt wird, ist klar: dort, wo sie beispielsweise auch in Griechenland zuschlug. Über den Ausschuss hat sich der ehemalige Arbeitsminister in der Clinton-Regierung, der Sozialdemokrat Robert Reich, interessante Gedanken gemacht. In allen öffentlichen Bereichen, von den Renten über die Gesundheitsversorgung bis zu Bildung und Infrastruktur würden massive Kürzungen drohen, so Reich. Er schlägt vor, was in den USA von den Rechten als "sozialistisch" gebrandmarkt wird: keinerlei Kürzungen, solange die Arbeitslosenquote nicht unter die 5-Prozent-Marke gesunken ist; ein riesiges Arbeitsbeschaffungsprogramm, vor allem zur Verbesserung der maroden Infrastruktur; Steuererhöhungen für die Superreichen; Kürzungen "dort, wo wirklich verschwendet wird", beim Militär und bei den Subventionen für Konzerne.

Alex Laser aus Montclair im Bundesstaat New Jersey war fünf Tage vor der Räumung des Zuccotti-Parks mit seinem Vater mit einer Kamera dabei. Die kurze Videodokumentation, die er selbst produziert hat, liefert ein Beispiel dafür, wie weit die OWS-Bewegung nach nur zwei Monaten Existenz in die US-Gesellschaft vordringt. Alex ist ein Schüler an einer ganz normalen Middle School in einer Vorstadt von New York. Seine Doku lässt Alex mit einem OWS-Protest gegen das Guantanamo-Lager und gegen Folter beginnen. Der junge Filmemacher ist 13 Jahre alt.
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