Katastrophenschutz zum Fürchten

Schleswig-Holstein streitet über einen atomaren Ernstfall

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 2 Min.
Was wäre bei einem atomaren Gau als erstes zu tun? - Schleswig-Holstein diskutiert im Landtag den Ernstfall. Die Fraktionen kommen dabei zu sehr unterschiedlichen Schlüssen.

Die schwarz-gelbe Koalition in Schleswig-Holstein gab gestern im im Landtag Entwarnung: Um den Katastrophenschutz bei atomaren Unfällen sei es bestens bestellt. Das schlussfolgern die Regierungsparteien aus einem Bericht des Innenministers Klaus Schlie (CDU).

Der FDP-Abgeordnete Jens-Uwe Dankert skizzierte eine heile Welt. Für ihn kann nicht sein, was nicht sein darf: Vorfälle wie im Frühjahr in Japan könne er sich in Schleswig-Holstein nur schwer vorstellen. Die Opposition sieht dagegen Handlungsbedarf und will Lehren aus dem Gau von Fuku-shima ziehen. Die Grünen wiesen darauf hin, dass man sich auch Gedanken über ein mögliches Elbe-Jahrhunderthochwasser machen müsse. Heinz-Werner Jezewski (LINKE) ergänzte in diesem Zusammenhang, dass bei einem denkbaren Katastrophenszenario natürlich auch an die chemischen Anlagen in Brunsbüttel gedacht werden müsse. Allein im Radius von zehn Kilometern rund um die drei Reaktoren in Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel lebten über 100 000 Menschen, die womöglich evakuiert werden müssten, Hamburger und Niedersachsen kämen womöglich noch hinzu.

Für Dankert ist Schleswig-Holstein auf einen atomaren Unfall hingegen gut vorbereitet. Es gäbe ausreichend Kapazitäten und Einsatzkräfte, außerdem werde der Ernstfall immer wieder mit der Bevölkerung geübt. Der Innenminister Schlie verwies als Informationsquelle auf die Homepage Jodblockade.de, was die Abgeordnete Anke Spoorendonk vom Südschleswigschen Wählerverband entsetzte: Die Bevölkerung müsse direkt und persönlich informiert werden und nicht über das Internet oder über Broschüren.

Die Grünen zweifelten an einer funktionierenden Logistik, etwa bei einem umfassenden Stromausfall. Die SPD verwies auf den aktuell beschlossenen Rückzug großer Bundeswehrkontingente aus Schleswig-Holstein. Sie erachtet den Bericht aus dem Ministerium für nachbesserungswürdig: Im Bericht werde noch auf die Alarmierung durch Sirenen hingewiesen, dabei seien die meisten davon bereits Anfang der 90er Jahre abgebaut worden. Feuerwehren und Rettungskräfte sollen, wenn alles glatt läuft, binnen 40 Minuten vor Ort einsatzbereit sein. Auch dies hält die Opposition für illusorisch.

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