Lesart eines Tages
Kommentar von Hans-Dieter Schütt
Möge die nun beginnende Woche zum Start in ein ganzes Lesejahr werden! So die Hoffnung des bundesweiten Vorlesetages, zu dem Ende der vergangenen Woche 11 000 begeisterte Literaturvermittler in Schulen, Bibliotheken, Kindergärten zogen. Vorlesen daheim tut gut, und öffentlich inzeniertes Vorlesen tut not: In vielen Familien wurde die Erde vielfach wieder Scheibe - Mattscheibe. Vom Tagesstress bekommen Eltern eine Scheibe, also sind sie abends zu matt, um zum Kinderbuch zu greifen. Daher schwankt der Ruf des Vorlesetages zwischen freudigem Ereignis und traurigem Mahndatum.
Am Vorlesetag beteiligen sich erneut Promis, die sich, obwohl im Fernsehen beschäftigt, tapfer dazu bekannten, lesen zu können. Ein Vorlesezug verkehrte zwischen Hamburg und Berlin. War das der Haken an der Sache? Wurden die mitfahrenden Schüler Opfer einer Täuschung? Vielleicht testete die Deutsche Bahn nur, wie proportional mit dem Umfang der vorgelesenen Bücher die Verspätungszeit gesteigert werden kann - ohne dass unter den Fahrgästen Unruhe entsteht. Zum Einsatz bei dieser ersten Testfahrt sollen Dostojewskis »Brüder Karamasow« und Thomas Manns »Josef und seine Brüder« gekommen sein.
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