... und verraten

Staatsoper Berlin: »Verkaufte Braut«

  • Irene Constantin
  • Lesedauer: 2 Min.
Jeník (Burkhard Fritz), Marenka (Anna Samuil)
Jeník (Burkhard Fritz), Marenka (Anna Samuil)

Zuviel! Zuviel!« - in Tannhäusers Verzweiflungsschrei ob des Überangebots im Venusberg mochte man angesichts der »Verkauften Braut« in der Berliner Staatsoper am liebsten einstimmen. Eine verbastelte Inszenierung konnte nicht leben und nicht sterben. Und, bei aller Affinität Smetanas zu Richard Wagner, seine böhmische Dorfkomödie - so abgründig und gefährdend sie auch ist - ertrank beinahe in klanglichem Aplomb.

Der Beginn der Ouvertüre ließ vermuten, dass Karl-Heinz Steffens mit der Berliner Staatskapelle ganz erfolgreich sein würde im Wettbewerb, das Stück noch einen Metronomstrich schneller als die Kollegen zu dirigieren. Später indes verlor er mächtig an Boden und landete auf den Mittelplätzen der Behäbigkeit. Dennoch sind Tempofragen in dieser Oper weniger entscheidend als das Gefühl für den Schwung von Smetanas kunstreichen Folklore-Anverwandlungen in den Tänzen und Chören sowie für das Liedhafte der Arien. Vieles klang - korrespondierend mit der Inszenierung - zu absichtlich, zu maniriert, endlich zu unkonzentriert.

Gelungene Stücke gab es jedoch auch: das berühmte Duett zwischen Kecal und Jeník (Hans) setzte genaue Pointen, Marenkas (Maries) große Arie im 2. Akt besaß den Zugriff großer Oper, ihr in einem fast freudianisch unbewussten Liebesjubel endendes Duett mit Vašek (Wenzel) zelebrierte seine Steigerungen ordentlich spannungsgeladen. Jedoch, wenn Burkhard Fritz, Jeník, und Anna Samuil, Marenka ihre schönsten Momente hatten, wenn beider Stimmen in lyrischem Glanz zu leuchten begannen, dann schien es wiederum, als hätten sie sich von der Bettkante im Antwerpener Brautgemach ins Böhmische nur verirrt: »Elsa, mein Weib!«

Ohne Einschränkungen konnten Pavlo Hunka und Florian Hoffmann stimmlich-stilistisch überzeugen. Ihre Figuren Kecal und Vašek indes verfingen sich in den Fußangeln der Inszenierung. Kecal muss als unfroher Vertreter sein Produkt Hochzeit an den Mann bringen und der von Regisseur Balázs Kovali trotz väterlicher Ohrfeigen, mütterlicher Nervereien und Marenkas Spott poetisch angelegte Vašek versucht am Schluss - als halbherziger, viel zu später Bruch der Inszenierung - einen eher lächerlichen Amoklauf.

Ansonsten stolperte die Handlung zwischen diversen rollbaren Vitrinen eines Folkloremuseums und den Tischreihen eines Biergartens pointenarm dahin. Bis zum Schluss blieb es undurchschaubar, warum wann wer in die Glaskästen musste oder dieselben verlassen durfte. Nicht einmal der eher magere Zirkuszauber konnte dieser Produktion so etwas wie Transzendenz oder wenigstens Schwejkische böhmische Verschmitztheit einhauchen.

Nächste Vorstellungen: 26., 30.11.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal