Der Senat bin ich

Tobias Riegel über Klaus Wowereit

  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist nicht das schlechteste, unterschätzt zu werden. Der alte und seit gestern neue Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kann davon viele Lieder singen. Als »Regierender Partymeister«, »Showereit«, oder - wegen seiner tatsächlich frappierenden Ähnlichkeit mit US-Mime Alec Baldwin - »Alec« wurde und wird er verspottet. Im Wahlkampf natürlich verstärkt, um dessen angeblich fehlende Seriosität herauszustellen. Allein - Wowereit, den gewieften Taktiker, den geübten Charmeur, den begnadeten Selbstdarsteller ficht dies nie ernsthaft an.

Im Gegenteil. Zum einen wollen viele Berliner genau diese Mischung aus schwul, hip und vordergründig locker. Zum anderen kaschiert die Fixierung auf den Luftikus zu dessen Vorteil die auch bei »Wowie« stark ausgeprägte machtpolitische Ader. Und nur durch sie schaffte er es nun, zum vierten Male hintereinander zum mächtigsten Mann Berlins gewählt zu werden.

Die CDU weiß um diese Zielstrebigkeit und versuchte, dem Sozialdemokraten mit der Verunglimpfung »Sonnenkönig« zu Leibe zu rücken. Dieses bislang vollkommen schiefe Bild vom eitlen und weltvergessenen Absolutisten könnte durch den neuen, schockierend mutlosen Koalitionsvertrag und das voraussichtlich durch und durch mausgraue Senatspersonal an Authentizität gewinnen. Denn wenn weder Programm noch Personal faszinieren, Wowereit aber als einziger wenigstens noch unterhalten kann und also vom Volke wahrgenommen wird - dann wird er bald zurecht feststellen können: »Der Senat bin ich.«

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