nd-aktuell.de / 28.11.2011 / Politik / Seite 7

Juso-Chef: Endlich die Systemfrage stellen

Vogt erneut zum Bundesvorsitzenden gewählt

Dieter Hanisch, Lübeck
Auf seinem Bundeskongress sprach sich der sozialdemokratische Jugendverband gegen die Krisenpolitik der CDU aus und verabschiedete ein entsprechendes Arbeitsprogramm.

Der alte und neue Juso-Bundeschef Sascha Vogt gibt die maßgebende Strömung für den SPD-Nachwuchs vor: »Wann, wenn nicht jetzt, ist es an der Zeit, endlich die Systemfrage zu stellen«, sagte der beim Bundeskongress in Lübeck wiedergewählte 31-Jährige vor dem Hintergrund der internationalen Finanzkrise.

Vogt setzte sich in einer Kampfabstimmung um den Vorsitz bei den Jungsozialisten gegen seinen Herausforderer Frederic Striegler (29) aus dem baden-württembergischen Laupheim durch. Erfuhr der Politologe aus Essen im vergangenen Jahr ohne einen Gegenkandidaten nur eher mäßige 68,1 Prozent Zustimmung, erhielt er diesmal 72,9 Prozent. Striegler vom pragmatischen Flügel kandidierte auch für eine andere Richtungsentscheidung innerhalb des sozialdemokratischen Jugendverbandes. Er plädierte für eine Umgestaltung der Gesellschaft, aber für keine Systemveränderung. Dafür erhielt er von den 300 Delegierten allerdings wenig Unterstützung.

Vogt unterstrich die Juso-Rolle in der Mutterpartei, dieser »Feuer unterm Hintern« zu bereiten. Die Jusos werden bei der Bundestagswahl 2013 nicht nur für einen Machtwechsel kämpfen, sondern auch einen Politikwechsel einfordern. Der Kongress-Slogan »Gerecht für alle« soll dabei genauso inhaltliche Maxime sein wie ein verabschiedetes 20-seitiges Arbeitsprogramm mit den drei Themenschwerpunkten Finanz- und Eurokrise, Demokratie und Teilhabe sowie »Jugend als Generation«.

Vogt forderte genauso wie der als Gastredner angereiste Verdi-Bundesvorsitzende Frank Bsirske eine Umverteilung von unten nach oben. Einig waren sich auch beide, dass unter den aktuellen Vorzeichen der Euro-Krise verordnete Sparprogramme unsozial und ökonomisch unvernünftig seien. In diesem Zusammenhang griff Vogt Kanzlerin Angela Merkel und ihren Kurs scharf an. Deutschland sei auf der Suche nach Stabilisierung und Stärkung derzeit nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Wenn die Beschäftigten in Zeiten von Prekariat, befristeten Verhältnissen und Leiharbeit mehr denn je einem ungleichen Kampf von Arbeit und Kapital ausgesetzt seien, »werden wir Jusos die richtige Seite unterstützen«, lautete Vogts Ankündigung.

Unter anderem beschlossen die Jusos in einem Initiativantrag, den Verfassungsschutz abzuschaffen. Vogt titulierte die zwielichtige Rolle des Geheimdienstes in der aktuellen Affäre um die rechtsextremistischen Terrormorde als einen einzigen Skandal. Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner forderte einen Neuanlauf für ein NPD-Verbotsverfahren.

Ziviler Ungehorsam bleibe ein legitimes politisches Mittel, so der Juso-Bundeschef und schickte zugleich Solidaritätsgrüße zu den Castor-Blockierern ins Wendland. Logische Konsequenz war deshalb auch, dass die Kongressdelegierten sich für die weitere finanzielle und inhaltliche Unterstützung des Bündnisses »Dresden nazifrei!« im Hinblick auf den im Februar 2012 wieder anstehenden Neonazi-Aufmarsch aussprachen.

Der Kieler SPD-Oberbürgermeister Torsten Albig, der nächstes Jahr bei den Landtagswahlen Ministerpräsident werden möchte, sprach sich für eine Herabsetzung des Wahlalters bei Bundes- und Landtagswahlen aus.