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Fantasie gegen Atomwahn

Protest sorgte für bislang längste Castor-Laufzeit / Polizei griff rabiat ein

  • Lesedauer: 2 Min.
Sonntagmittag um 12 Uhr erreichte der Protest gegen den Castor-Transport den letztjährigen Rekord: Der Atommüll war bis dahin 92 Stunden unterwegs – so lange wie er 2010 bis Gorleben brauchte – und parkte noch in Maschen bei Hamburg. Trotz rabiater Polizeieinsätze bewies der Widerstand ungebrochene Stärke.

Die Behörden hatten mit einem kurzfristig vorverlegten Start des Atommüllzugs im französischen La Hague gehofft, dem Widerstand zuvorzukommen. Doch der diesjährige Castor-Transport - seit 1995 der dreizehnte nach Gorleben - wurde der bislang am heftigsten gestörte. Bei Redaktionsschluss hatten die radioaktiven Behälter den Zielbahnhof in Dannenberg noch nicht erreicht. Neben den Blockaden drohte dort stürmischer Wind die Umladung auf Tieflader zur Weiterfahrt ins rund 25 Kilometer entfernte Gorleben zu behindern.

Rund 20 000 Menschen protestierten am Samstag in Dannenberg gegen die weitere Einlagerung von Atommüll in den Salzstock im Wendland, weitere Tausende blockierten das ganze Wochenende über an wechselnden Stellen Schienen und Straßen. Die Bäuerliche Notgemeinschaft mobilisierte Hunderte von Traktoren, stellte sie auf Kreuzungen ab und schonte dabei eigenes Material nicht. »Bei Laase ist ein Trecker durch ein unvorsichtiges Manöver umgekippt. Der Sturm hat Bäume auf die Straße geworfen.« Mit solchen Meldungen informierte »Radio Freies Wendland«, das über Internet auch bundesweit hörbare »Widerstandsradio zum Castor-Transport«, und half bei der Mobilisierung: »Wenn Sie sich beeilen, schaffen Sie es gerade noch rechtzeitig, hinzukommen«, ergänzten die Moderatoren die auf Sendung gegebenen Anrufe von den verschiedenen Brennpunkten des Protestes.

Die Polizei antwortete mit Schlagstöcken, Wasserwerfern, Pfefferspray, stundenlangen Einkesselungen, Massenfestnahmen, kreisenden Hubschrauber über den Köpfen der Demonstranten und aggressiven Reitattacken. Sanitäter wurden behindert, Verletzte zu versorgen, Bildjournalisten ihre Ausrüstungen beschlagnahmt und Fotos gelöscht.

Angesichts des nach dem Fukushima-Gau verkündeten Ausstiegs aus der Atomenergie hatte die Bundesregierung auf eine Beruhigung des Protestes gesetzt, sie hat sich verkalkuliert. Der Widerstand gegen den fortbestehenden Atomwahnsinn und die nach wie vor ungelöste Endlagerung zeigt sich ungebrochen stark und fantasievoll.
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