nd-aktuell.de / 02.12.2011 / Politik / Seite 2

Ermittelt wird nicht gegen die NPD

René Heilig

Nach der Verhaftung von Ralf Wohlleben am Dienstag steigen die Chancen für ein neues Verfahren zum Verbot der rechtsextremen Partei. Wohlleben soll - via Kurier - das Terror-Trio 2001 oder 2002 mit einer Waffe samt Munition versorgt haben. Damit - so der Vorwurf der Bundesanwaltschaft - habe er Beihilfe zu sechs Morden und einem Mordversuch geleistet. Ungeklärt ist bislang, um welche Taten der »Zwickauer Zelle« es sich handelt, da die Zuordnung der 19 gefundenen Waffen noch nicht abgeschlossen ist. Wohlleben war auch zeitweilig Vize-Chef der NPD in Thüringen. Er hat - darauf machte der Kriminalbeamte und Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Frank Tempel gestern aufmerksam - im Wahlkreis Greiz-Altenburger Land zur Bundestagswahl 2005 kandidiert und 4,5 Prozent Zuspruch erhalten. Nach Ansicht von Berliner Politikern ist die Verbindung der NPD zu gewaltbereiten Gruppen hinreichend belegt, um einen neuen Verbotsantrag zu begründen.

Doch was Tempels Kriminalisten-Kollegen, die die Gewalttaten der Zwickauer Terror-Zelle untersuchen, bislang tatsächlich über Verbindungen zwischen NPD und dem »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) herausgefunden haben, scheint dünn. Jörg Zierke, Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), lässt offen, ob sich unter den Asservaten möglicherweise noch Hinweise auf eine irgendwie geartete Berührung zwischen Terroristen und NPD finden.

»Wir ermitteln nicht gegen die NPD sondern gegen die NSU«, betonte Zierke gestern und mochte keine inhaltliche Wertung abgeben. Schlussfolgerungen seien Sache der Politik.

Der frühere Verfassungsrichter Winfried Hassemer, der dem Zweiten Senat des Gerichts vorsaß, als dieser 2003 das damalige NPD-Verbotsverfahren einstellte, sieht gegenüber der »Süddeutschen Zeitung«, gute Chancen für ein NPD-Verbot. Und er bekennt: »Ich habe Angst vor einer bedrohlichen Situation - sehr viel tiefergehend und viel bedrohlicher, als es die Situation war, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten vor Augen hatten.«