Die Retter des Rings

Der 15. Motorrad-WM-Lauf im kommenden Jahr kann nun doch in Sachsen stattfinden

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.
Nach 80 Tagen Ungewissheit ist die Zukunft der Motorrad-WM-Läufe auf dem Sachsenring gesichert - wenn auch zunächst nur für ein Jahr.

Die spontan geklebten Plakate strotzen vor Zuversicht. »Moto GP 2012 auf dem Sachsenring« ist neben Fotos der traditionsreichen sächsischen Rennstrecke zu lesen: »Wenn nicht hier, wo denn sonst?« Auf einem anderen Pappschild klopfen sich Anhänger des Rundkurses, der im nächsten Jahr sein 85-jähriges Bestehen feiert, quasi selbst auf die Schulter: »Die Fans haben gekämpft und den Kampf gewonnen.«

Tatsächlich ist es nicht zuletzt den engagierten Fans der Strecke zu danken, dass auch 2012 wieder die besten Motorradpiloten der Welt hier um WM-Punkte fahren werden. Rund 80 Tage lang sah es nicht danach aus. Am 13. September war bekannt geworden, dass der ADAC Sachsen als bisheriger sportlicher Ausrichter aus finanziellen Gründen auf den Lauf verzichten wollte. Er hatte ein absehbares Defizit von 850 000 Euro errechnet, das er nach Verlusten von 600 000 Euro in den letzten Jahren nicht tragen wollte. Die Reaktion der Fans habe er gut nachfühlen können, räumte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) gestern am Rand der Boxengasse ein: »Das hat uns hart getroffen.«

Während ein eigens gegründeter Verein »Pro Sachsenring« danach an mehreren Wochenenden jeweils bis zu 10 000 Fans mobilisierte, lief hinter den Kulissen, was ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk nun »lange und schwierige Verhandlungen« nannte. Die sind jetzt beendet - mit positivem Ergebnis: Im nächsten Jahr wird die Sachsenring Rennstrecken Management GmbH (SRM), an der mehrere Anliegerkommunen beteiligt sind, zusammen mit der Zentrale des ADAC und dessen sächsischer Filiale die sportliche Organisation übernehmen, erklärte Tomczyk. Wolfgang Steubel, Geschäftsführer der SRM und Bürgermeister von Gersdorf, freute sich, dass es »nächstes Jahr wieder einen Grand Prix gibt«. Und er glaubt, dass es sich nicht nur um eine Lösung für ein Jahr handelt. »Wir hoffen, dass er dauerhaft bleiben kann«, sagte er, bevor er spontan die an die Strecke gekommenen 200 Fans zu Freibier einlud.

Das wird nicht einfach. Zunächst fordert die spanische Dorna, die Weltvermarkter der WM ist, Umbauten an der Strecke. Maßnahmen von bis zu 1,5 Millionen Euro werde der Freistaat fördern, sagte Tillich. Damit es trotz der auf das Doppelte gestiegenen Vermarktungsgebühr von vier Millionen Euro nicht zum errechneten Minus kommt, sind aber weitere Anstrengungen nötig. Nicht zuletzt müssen die Zuschauerzahlen stimmen: »230 000 Zuschauer kann man durchaus erwarten«, sagte Tillich unter Hinweis auf die große öffentliche Unterstützung der letzten Wochen. Beim Rekordlauf vor ein paar Jahren hatte die Zahl nur knapp unter 230 000 gelegen. Zunächst, das stellt Tomczyk klar, sei nur das Rennen 2012 gesichert, auch wenn mit der Dorna an einer »Lösung für ein paar Jahre« gearbeitet werde. Das sei nicht einfach, weil der Sachsenring, anders als vergleichbare Parcours, keine ständige Rennstrecke ist; üblicherweise finden hier Fahrsicherheitstrainings statt. Allerdings lohnen sich die geforderten Umbauten nur, wenn sie für ein paar Jahre genutzt werden können: »Es hat keinen Sinn zu investieren, wenn wir nicht auch in die Zukunft schauen«, sagt Tomczyk.

Weil die aber jenseits von 2012 ungewiss ist, will auch der Verein »Pro Sachsenring« seine Arbeit nicht einstellen, erklärte Vorsitzende Jana Lorenz gestern. Unter Hinweis auf die ursprüngliche Absage des Rennlaufs sagte sie: »Das darf uns in ein paar Jahren nicht wieder passieren.«

Zunächst indes wurde am Sachsenring gestern gefeiert - mit Glückauf-Pils und lauten Fanfaren. »Wir haben den Anstoß gegeben, dass es weitergeht«, lobt Lorenz die Fans: Deren Protest habe nicht überhört werden können. Die Anhänger sind nun zuversichtlich, dass auf den 15. WM-Lauf in Serie auf der Rennstrecke viele weitere folgen werden - und zwar, wie es auf einem Plakat heißt, »bis in alle Ewigkeit«.


Alte Schleife

1927 wurde bei Hohenstein-Ernstthal erstmals ein Motorradrennen ausgetragen. Seit 1937 heißt der Straßenkurs »Sachsenring«. Bis in die 70er Jahre gab es hier schon einmal WM-Läufe. Auf eine Pause nach 1990 folgte 1996 ein Neustart auf einem Rundkurs von 3,67 Kilometern Länge. hla

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