Mobbing gegen Staatsbedienstete?

Umweltministerium Sachsen-Anhalt: Kündigungen wird es nur bei Waldarbeitern geben

Erstmals hat es im öffentlichen Dienst Sachsen-Anhalts betriebsbedingte Kündigungen gegeben: Fünf Waldarbeiter wurden entlassen. Auch in der Umweltverwaltung warnen die Gewerkschaften nun vor Stellenabbau. Beim notwendigen Umbau der Verwaltung helfen aufgeheizte Emotionen nicht weiter, sagt dagegen Vera Gäde-Butzlaff. Die 1954 geborene Juristin, die bis 1994 Richterin in Berlin war und seit kurzem Staatssekretärin im Magdeburger Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt ist, setzt auf sozialverträgliche Lösungen. Weitere Kündigungen bei den Waldarbeitern konnte sie im Gespräch mit ND-Korrespondent Hendrik Lasch indes nicht ausschließen.


ND: Binnen zehn Jahren hat Sachsen-Anhalt die Zahl der Waldarbeiter um 9000 reduziert - immer sozialverträglich. Jetzt gab es fünf Entlassungen. Warum?

Wir werden auch weiter sozialverträglich handeln. Betriebsbedingte Kündigungen werden nur ausgesprochen, wenn Mitarbeiter angebotene Maßnahmen nicht akzeptieren. In den angesprochenen Fällen wurden Qualifizierungsmaßnahmen abgelehnt.

ND: Für die Gewerkschaft ist all dies kein zumutbarer Ersatz für eine Stelle im öffentlichen Dienst. Sie sehen das anders?

Die Stellen wurden als ABM bezeichnet. Das ist nicht richtig. Vielmehr wird unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorbildung und der Kenntnisse eine individuelle Qualifizierung angeboten mit dem Ziel, die Beschäftigten auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzubringen. 18Waldarbeiter sehen das auch so und haben in eine Qualifizierung eingewilligt.

ND: Die Gewerkschaft zitiert eine Vereinbarung mit dem Ministerium von 1996, die Kündigungen im Zusammenhang mit der Strukturreform im Land ausschließt. Ist diese für Sie noch bindend?

Diese Regelung trifft auf den hier zu regelnden Sachverhalt nicht zu. Aber ihr Geist wird auch jetzt berücksichtigt: Kündigungen werden vermieden, aber die Beschäftigten müssen zumutbare Ersatzarbeitsplätze oder Qualifizierungen annehmen. Das ist noch immer unsere Linie.

ND: Wie geht es bei den Waldarbeitern weiter?

Hier findet ein Personalabbau statt. Wir haben einen Besatz mit Waldarbeitern wie in keinem anderen Bundesland, nämlich sieben Arbeiter je 1000 Hektar. Zum Vergleich: In Niedersachsen sind es 2,5. Die anderen ostdeutschen Länder liegen bei vier bis fünf Arbeiter pro Hektar. Solche Werte streben auch wir an.

ND: Die Gewerkschaften befürchten ähnliche Entwicklungen in der Umweltverwaltung. Zu recht?

In diesem Bereich wollen wir effektive Arbeitsstrukturen schaffen. Es wird einen altersbedingten Personalabbau durch Erreichen der Altersgrenze oder durch Teilzeit geben, und wir müssen gewährleisten, dass die Arbeit dann noch erledigt werden kann, ohne alle abgehenden Mitarbeiter zu ersetzen. Wir versuchen damit letztendlich, den immer wieder geforderten Abbau des Personals in der Landesverwaltung zu ermöglichen. Wir werden beispielsweise die Staatlichen Ämter für Umweltschutz auflösen. Zu betriebsbedingten Kündigungen kommt es hier aber nicht; die meisten Mitarbeiter müssen noch nicht einmal ihren Arbeitsort verlassen. Wir wollen vielmehr technischen Sachverstand bündeln und unnötige Bürokratie abschaffen. Bisher hat jedes Amt eine Personalabteilung. Das kann eingespart werden. Aber ich betone nochmals: Wir haben genügend andere Arbeit, und es wird altersbedingte Abgänge geben. Wenn wir einige Aufgaben 2004 an die Kommunen übertragen, werden diese nicht vor einem Überangebot von Personal stehen.

ND: Wie viele Stellen werden übrig bleiben?

Wir haben 820Mitarbeiter in den Umweltfachämtern. 240Mitarbeiter erledigen kommunalisierbare Aufgaben. Wir sind bemüht, diese Stellen mit deutlich weniger Personal an die Landkreise abzugeben und dazu die normale Altersfluktuation zu nutzen. Das werden wir hinbekommen. 150Mitarbeiter gehen bis dahin mit 65in Rente, weitere werden beispielsweise über Altersteilzeit folgen.

ND: Sie sprachen die Übertragung von Aufgaben an die Kommunen im Zuge der Verwaltungsreform an. Ihr Haus gilt, was deren Vorbereitung anbelangt, als Musterschüler. In vieler Beziehung ist aber noch unklar, wie die fertigen kommunalen Strukturen aussehen sollen. Ist das nicht ein großes Problem?

Wir brauchen natürlich für die zu kommunalisierenden Aufgaben - etwa in den Bereichen Kreislauf- und Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Boden- oder Immissionsschutz - auch Behörden, die das bewältigen können, sprich: leistungsstarke Kommunen. Wir müssen daher, sobald klarer ist, wie die Landkreisreform aussieht, noch einmal überprüfen, ob die Aufgaben bei der Kommunalisierung effizienter erledigt werden können. Genehmigungsverfahren für große Chemiebetriebe werden sicher nicht dazugehören.

ND: Die Beschäftigten haben das Gefühl, nicht gründlich genug einbezogen worden zu sein. Teilweise werden die neuen Strukturen als »organisiertes Mobbing« angesehen. Haben Sie versäumt, mit Ihren Leuten zu reden?

Es gab intensive Gespräche mit der Gewerkschaft. Vielleicht hat auch dort der Informationsfluss nicht so funktioniert, wie wir uns das angesichts der lange Zeit sehr einvernehmlich geführten Gespräche erhofft hatten. In unseren Projektgruppen zur Erarbeitung der neuen Strukturen wurden die Personalvertretungen beteiligt, und es gibt jederzeit das Angebot des Ministers, in Personalversammlungen zu gehen. Ich habe ein wenig den Eindruck, dass hier Ängste geschürt werden, die von der Informationslage her nicht berechtigt sind.

ND: Wird es weitere Entlassungen bei den Waldarbeitern geben?

Wir hoffen, dass das Angebot für 20 Mitarbeiter wahrgenommen wird, sich zu Straßenwärtern umschulen zu lassen. Dies vorausgesetzt, könnte es im Jahr 2001 noch maximal 21 betriebsbedingte Kündigungen geben, wenn angebotene Qualifizierungen abgelehnt werden. Im Jahr 2002 soll es überhaupt keine Kündigungen geben. Und wir suchen nach weiteren Möglichkeiten, Mitarbeiter anders einzusetzen - und zwar in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften.

ND: Das Verhältnis zu diesen scheint derzeit getrübt. Welche Chancen für eine Verbesserung sehen Sie?

Ich habe nicht den Eindruck, dass eine vernünftige Zusammenarbeit nicht mehr möglich wäre. Wir tun aber alle gut daran, die Emotionen auch im Sinne der Beschäftigten nicht weiter aufzuheizen. Wir werden alles tun, um sachlich zu informieren. Dass wir schwierige Schritte gehen, muss ich niemandem sagen. Andererseits ist die Kritik an dem nicht funktionierenden Personalabbau auch sehr laut. Also braucht es funktionierende Strukturen, in denen effizient gearbeitet wird. Diese Entwicklung wollen wir vorantreiben - sachlich, aber auch sehr stringent.
ND: Binnen zehn Jahren hat Sachsen-Anhalt die Zahl der Waldarbeiter um 9000 reduziert - immer sozialverträglich. Jetzt gab es fünf Entlassungen. Warum?

Wir werden auch weiter sozialverträglich handeln. Betriebsbedingte Kündigungen werden nur ausgesprochen, wenn Mitarbeiter angebotene Maßnahmen nicht akzeptieren. In den angesprochenen Fällen wurden Qualifizierungsmaßnahmen abgelehnt.

ND: Für die Gewerkschaft ist all dies kein zumutbarer Ersatz für eine Stelle im öffentlichen Dienst. Sie sehen das anders?

Die Stellen wurden als ABM bezeichnet. Das ist nicht richtig. Vielmehr wird unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorbildung und der Kenntnisse eine individuelle Qualifizierung angeboten mit dem Ziel, die Beschäftigten auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzubringen. 18Waldarbeiter sehen das auch so und haben in eine Qualifizierung eingewilligt.

ND: Die Gewerkschaft zitiert eine Vereinbarung mit dem Ministerium von 1996, die Kündigungen im Zusammenhang mit der Strukturreform im Land ausschließt. Ist diese für Sie noch bindend?

Diese Regelung trifft auf den hier zu regelnden Sachverhalt nicht zu. Aber ihr Geist wird auch jetzt berücksichtigt: Kündigungen werden vermieden, aber die Beschäftigten müssen zumutbare Ersatzarbeitsplätze oder Qualifizierungen annehmen. Das ist noch immer unsere Linie.

ND: Wie geht es bei den Waldarbeitern weiter?

Hier findet ein Personalabbau statt. Wir haben einen Besatz mit Waldarbeitern wie in keinem anderen Bundesland, nämlich sieben Arbeiter je 1000 Hektar. Zum Vergleich: In Niedersachsen sind es 2,5. Die anderen ostdeutschen Länder liegen bei vier bis fünf Arbeiter pro Hektar. Solche Werte streben auch wir an.

ND: Die Gewerkschaften befürchten ähnliche Entwicklungen in der Umweltverwaltung. Zu recht?

In diesem Bereich wollen wir effektive Arbeitsstrukturen schaffen. Es wird einen altersbedingten Personalabbau durch Erreichen der Altersgrenze oder durch Teilzeit geben, und wir müssen gewährleisten, dass die Arbeit dann noch erledigt werden kann, ohne alle abgehenden Mitarbeiter zu ersetzen. Wir versuchen damit letztendlich, den immer wieder geforderten Abbau des Personals in der Landesverwaltung zu ermöglichen. Wir werden beispielsweise die Staatlichen Ämter für Umweltschutz auflösen. Zu betriebsbedingten Kündigungen kommt es hier aber nicht; die meisten Mitarbeiter müssen noch nicht einmal ihren Arbeitsort verlassen. Wir wollen vielmehr technischen Sachverstand bündeln und unnötige Bürokratie abschaffen. Bisher hat jedes Amt eine Personalabteilung. Das kann eingespart werden. Aber ich betone nochmals: Wir haben genügend andere Arbeit, und es wird altersbedingte Abgänge geben. Wenn wir einige Aufgaben 2004 an die Kommunen übertragen, werden diese nicht vor einem Überangebot von Personal stehen.

ND: Wie viele Stellen werden übrig bleiben?

Wir haben 820Mitarbeiter in den Umweltfachämtern. 240Mitarbeiter erledigen kommunalisierbare Aufgaben. Wir sind bemüht, diese Stellen mit deutlich weniger Personal an die Landkreise abzugeben und dazu die normale Altersfluktuation zu nutzen. Das werden wir hinbekommen. 150Mitarbeiter gehen bis dahin mit 65in Rente, weitere werden beispielsweise über Altersteilzeit folgen.

ND: Sie sprachen die Übertragung von Aufgaben an die Kommunen im Zuge der Verwaltungsreform an. Ihr Haus gilt, was deren Vorbereitung anbelangt, als Musterschüler. In vieler Beziehung ist aber noch unklar, wie die fertigen kommunalen Strukturen aussehen sollen. Ist das nicht ein großes Problem?

Wir brauchen natürlich für die zu kommunalisierenden Aufgaben - etwa in den Bereichen Kreislauf- und Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Boden- oder Immissionsschutz - auch Behörden, die das bewältigen können, sprich: leistungsstarke Kommunen. Wir müssen daher, sobald klarer ist, wie die Landkreisreform aussieht, noch einmal überprüfen, ob die Aufgaben bei der Kommunalisierung effizienter erledigt werden können. Genehmigungsverfahren für große Chemiebetriebe werden sicher nicht dazugehören.

ND: Die Beschäftigten haben das Gefühl, nicht gründlich genug einbezogen worden zu sein. Teilweise werden die neuen Strukturen als »organisiertes Mobbing« angesehen. Haben Sie versäumt, mit Ihren Leuten zu reden?

Es gab intensive Gespräche mit der Gewerkschaft. Vielleicht hat auch dort der Informationsfluss nicht so funktioniert, wie wir uns das angesichts der lange Zeit sehr einvernehmlich geführten Gespräche erhofft hatten. In unseren Projektgruppen zur Erarbeitung der neuen Strukturen wurden die Personalvertretungen beteiligt, und es gibt jederzeit das Angebot des Ministers, in Personalversammlungen zu gehen. Ich habe ein wenig den Eindruck, dass hier Ängste geschürt werden, die von der Informationslage her nicht berechtigt sind.

ND: Wird es weitere Entlassungen bei den Waldarbeitern geben?

Wir hoffen, dass das Angebot für 20 Mitarbeiter wahrgenommen wird, sich zu Straßenwärtern umschulen zu lassen. Dies vorausgesetzt, könnte es im Jahr 2001 noch maximal 21 betriebsbedingte Kündigungen geben, wenn angebotene Qualifizierungen abgelehnt werden. Im Jahr 2002 soll es überhaupt keine Kündigungen geben. Und wir suchen nach weiteren Möglichkeiten, Mitarbeiter anders einzusetzen - und zwar in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften.

ND: Das Verhältnis zu diesen scheint derzeit getrübt. Welche Chancen für eine Verbesserung sehen Sie?

Ich habe nicht den Eindruck, dass eine vernünftige Zusammenarbeit nicht mehr möglich wäre. Wir tun aber alle gut daran, die Emotionen auch im Sinne der Beschäftigten nicht weiter aufzuheizen. Wir werden alles tun, um sachlich zu informieren. Dass wir schwierige Schritte gehen, muss ich niemandem sagen. Andererseits ist die Kritik an dem nicht funktionierenden Personalabbau auch sehr laut. Also braucht es funktionierende Strukturen, in denen effizient gearbeitet wird. Diese Entwicklung wollen wir vorantreiben - sachlich, aber auch sehr stringent.

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