Politik, Macht, Sex

»Staats-Affären« (ARD)

  • Katharina Dockhorn
  • Lesedauer: 2 Min.

Politisch sind sie tot, der Ruf ist ruiniert. Ex-IWFChef Dominique Strauss-Kahn und Israels Regierungschef Moshe Katzav kostete ihr mutmaßliches oder mittlerweise bewiesenes übergriffiges Sexualleben die Macht. Und auch der Großteil der Italiener ist nicht länger bereit, ihrem Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi die »Bunga-Bunga«-Ausschweifungen zu verzeihen. Strauss-Kahn und Katzav verloren ihre Ämter, weil ihre Opfer den Mut fanden sie anzuzeigen. In Italien beginnt sich ein ganzes Land gegen die Reduzierung von Frauen auf ihren Körper in der öffentlichen Wahrnehmung zu wehren.

In seiner Dokumentation »Staats-Affären um Sex und Macht« vergleicht Autor Michael Wech die drei schlagzeilenträchtigen Skandale. Er fasst die wichtigsten Fakten zusammen, lässt Freunde, politische Wegbegleiter und Beobachter als auch Kritikerinnen zu Wort kommen. Mit dieser fundierten Recherche hinterfragt er die moralische Werteskala der Politiker, die sich für unangreifbar halten wenn sie Frauen Gewalt antun. Wech analysiert die soziologischen Ursachen für diese Art des Machtmissbrauchs, der jahrtausendelang in vielen Kulturen als Kavaliersdelikt galt. Dabei ist unübersehbar, auf wessen Seite er steht. Das Ungleichgewicht zwischen den betroffenen Frauen, mögen sie nun Zimmermädchen, Journalistin oder hohe Angestellte im IWF gewesen sein, und den Mächtigen an der Spitze von Wirtschaft und Politik, die sich die teuersten Anwälte leisten können, hat sich nicht verändert. Strauss-Kahn kommt mit der Behauptung durch, in nicht einmal neun Minuten eine Beziehung mit einvernehmlichem Sex zu einer ihm bis dato Unbekannten aufgebaut zu haben. Zweifel bleiben, auch weil er das Geld hatte, in der Vergangenheit der alleinerziehenden Einwanderin zu schnüffeln und so ihre Glaubwürdigkeit zu erschüttern.

Aussage steht in diesem Fall gegen Aussage - wie so oft . Im Fall Katzav waren die Beweise erdrückend. Doch auch die Frauen, die den Mut aufbrachten ihn anzuzeigen, zahlen einen hohen Preis - das kann der Film leider nur andeuten. Sie werden in den Fokus einer sensationsgierigen Öffentlichkeit gezerrt, sie verlieren meist ihr bisheriges privates und berufliches Umfeld. Ihr Mut könnte sich gelohnt haben, lässt Wechs Film hoffen. Der Macho könnte ein Auslaufmodell sein, auch in den Ländern, in denen unzählige erotische Abenteuer einen Mann angeblich erst zum Mann machen

ARD, 22.45 Uhr

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