Funes bald allein zu Haus

Zunehmende Entfremdung zwischen El Salvadors Präsident und FMLN

  • Oliver Lüthi, San José
  • Lesedauer: 2 Min.
Mauricio Funes übernahm 2009 das Präsidentenamt in El Salvador als Kandidat der Partei der linken Guerilla FMLN. Die Ernennung eines ehemaligen Militärs zum neuen Sicherheitsminister offenbart den mittlerweile tiefen ideologischen Graben zwischen Funes und der FMLN und bringt vor allem letztere in Bedrängnis.

El Salvadors Präsident Mauricio Funes hat in diesen Tagen großspurig angekündigt, die Kriminalitätsrate im Land innerhalb eines Jahres um 30 Prozent zu senken. Dies vor dem Hintergrund, dass El Salvador zu den Ländern mit der höchsten Anzahl an Gewaltverbrechen auf der Welt gehört. Nur im staatsstreichgeschüttelten Honduras gab es 2010 noch mehr Tötungsdelikte. Funes‘ ehrgeizige Ziele in die Tat umsetzen soll David Munguia. Die Wahl des ehemaligen Militärs zum neuen Sicherheitsminister hatte vergangenen Monat massive Kritik zahlreicher Mitglieder der regierenden Nationalen Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) hervorgerufen. Auch wenn sie die Wahl von Munguia inzwischen öffentlich anerkannt haben, brodelt der Konflikt zwischen dem Präsidenten und dessen Partei unvermindert weiter. Die politische Kommission der FMLN machte in einer vor kurzem veröffentlichten Stellungnahme keinen Hehl aus ihrem Ärger über die Ernennung eines Ex-Militärs zum Vorsteher eines zivilen Ministeriums. Gleichzeitig hob sie die Verdienste von Munguias Vorgänger, des ehemaligen Guerilleros Manuel Melgar, hervor. Hunderte von Bandenmitgliedern seien während dessen Amtszeit verhaftet, die Gefängnisstrukturen verbessert und Dutzende Tonnen illegaler Drogen beschlagnahmt worden.

Für zahlreiche Köpfe innerhalb des Frente ist klar, dass es sich bei der Abberufung des Ex-Guerilleros Melgar und der Ernennung Munguias um eine politische Richtungsentscheidung handelt. Sie erkennen darin die zunehmende Einflussnahme der USA. El Salvador hat mit den USA vor wenigen Wochen ein Kooperationsabkommen unterzeichnet, welches die Öffnung staatlicher Dienstleistungen für privates Kapital vorsieht. Flughäfen, Straßen oder Energiegroßprojekte sollen in Konzession an private Unternehmen vergeben werden. Die beunruhigende Sicherheitssituation wird im Vertrag als Haupthindernis für zusätzliche ausländische Investitionen im Land bezeichnet. Kritiker sehen deshalb die Neubesetzung im Sicherheitsministerium als direkte Folge der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags.

Die Ereignisse der vergangenen Wochen verraten einen tiefen ideologischen Graben zwischen Funes und dessen Partei. Zwei Jahre nach seiner Wahl ist der ehemalige Fernsehmoderator mehr denn je ein Präsident ohne politische Basis. Nichtsdestotrotz sitzt Funes weiterhin sicher im Sattel. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung unterstützt seine Politik und lobt insbesondere dessen Anstrengungen im Gesundheits- und Erziehungsbereich.

Funes' Parteikollegen bereiten sich derweil mit unsicheren Aussichten auf die Parlaments- und Kommunalwahlen vom kommenden Frühjahr vor. Für die Regierungspartei wird es dort darum gehen, ihre Vormachtstellung im nationalen Parlament zu behaupten. Wahlumfragen zufolge ist der Vorsprung der FMLN gegenüber der ehemaligen Hegemonialpartei ARENA in den vergangenen Monaten laufend gesunken.

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