Arbeitszeitverkürzung auch bei Schulden

Arbeitsgerichtsurteile

  • Lesedauer: 3 Min.

Haben überschuldete Arbeitnehmer eine Verbraucherinsolvenz beantragt, können sie trotzdem ihre Arbeitszeit verringern. Eine Zustimmung des Insolvenz-Treuhänders ist dafür nicht erforderlich, urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf am 21. September 2011 (Az. 12. Sa 964/11).

Damit bekam ein Schuldner Recht, der wegen finanzieller Probleme seines Arbeitgebers seine Arbeitszeit verkürzt hatte. Der Insolvenz-Treuhänder des Schuldners hielt dies für unzulässig. Der Mann hätte sich die Arbeitszeitverkürzung von ihm genehmigen lassen müssen. Doch das ist falsch, urteilte das LAG. Ein Schuldner dürfe zwar nicht ohne weiteres bei gleicher Arbeit auf Lohn verzichten, er dürfe aber sehr wohl den Umfang seiner Arbeitszeit herabsetzen, »auch wenn sich dadurch der pfändbare Teil seines Arbeitseinkommens verringert«. epd

Kellner müssen Trinkgeld nicht teilen

Aufatmen in der Gastronomie: Der Lohn für einen guten Service gehört dem Kellner allein. Sein eingesammeltes Trinkgeld muss er nicht mit den Kollegen teilen, stellte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz fest (Az. 10 Sa 483/10).

Hintergrund des Rechtsstreits war der Versuch eines Wirtes, die Aufteilung der Trinkgelder unter dem gesamten Personal zu erzwingen. Dafür sollte jeder Mitarbeiter seine Trinkgelder in eine Gemeinschaftskasse einzahlen. Einer der Angestellten weigerte sich, erhielt er doch durchschnittlich 500 Euro Trinkgeld im Monat. Als Strafe durfte er nicht mehr bei den Gästen kassieren. Dagegen setzte er sich zur Wehr.

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber eine solche Weisung nicht geben dürfe. Da Servicekräfte Trinkgelder steuerfrei behalten dürfen, seien sie ein erheblicher Teil des Einkommens. Trinkgelder gehörten arbeitsrechtlich nicht zum Arbeitsentgelt, weil die Gäste sie freiwillig als persönliche Zuwendung aus einer positiven Motivationslage heraus erbrächten. Eine Dienstleistung solle besonders honoriert werden. Daraus folge, dass diese Zuwendungen dem Kläger unmittelbar zustünden.

Späte Anerkennung als Behinderter rettet Job

Haben behinderte Arbeitnehmer ihre Kündigung erhalten, können sie den Arbeitgeber über ihre Schwerbehinderung auch noch nach mehr als drei Wochen informieren.

In begründeten Fällen, etwa wenn das Anerkennungsverfahren noch läuft, kann die Drei-Wochen-Frist kurz überschritten werden, urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf am 8. September 2011 (Az. 5 Sa 672/11).

Geklagt hatte ein behinderter Sachbearbeiter, dem der Arbeitgeber wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten gekündigt hatte. Von der Schwerbehinderung wusste der Arbeitgeber nichts. Erst nach gut drei Wochen wurde die Schwerbehinderung des Beschäftigten mit einem Grad von 70 anerkannt und dem Arbeitgeber mitgeteilt.

Der Beschäftigte berief sich nun auf den Sonderkündigungsschutz für behinderte Menschen. Die Kündigung sei unwirksam, da das Integrationsamt dieser nicht zugestimmt hat, meinte der Kläger. Der Arbeitgeber berief sich dagegen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Danach haben behinderte Menschen nach Erhalt ihrer Kündigung noch drei Wochen Zeit, ihre Schwerbehinderung dem Arbeitgeber mitzuteilen. Der Kläger habe diese Frist aber um einige Tage verpasst.

Das LAG betonte, dass es sich bei der vom Bundesarbeitsgericht festgelegten Drei-Wochen-Frist nur um eine »Regelfrist« handele. Werde der Arbeitgeber erst kurz nach Ablauf der Frist über die Schwerbehinderteneigenschaft informiert, sei dies zumindest in begründeten Fällen »unschädlich«. Die Revision wurde zugelassen. epd

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