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Ziel ist die unabhängige Westsahara

Kontroverse Debatte bei der Frente Polisario: Verhandlungen oder bewaffneter Kampf

  • Martin Lejeune, Tifariti
  • Lesedauer: 3 Min.
Der 13. Kongress der sahrauischen Befreiungsbewegung Frente Polisario in Tifariti stand unter dem Motto »Nur ein unabhängiger sahrauischer Staat ist die Lösung«.

Nur ein kleiner Teil der Westsahara gilt als befreit, der Großteil ist marokkanisch besetzt. Der Ort Tifariti liegt 70 Kilometer östlich der 2000 Kilometer langen, verminten Mauer, die Marokko durch die Westsahara gezogen hat. Vom Morgen des 15. bis zum Abend des 22. Dezember trafen sich dort die Delegierten der Frente Polisario zum 13. Kongress »Märtyrer Mahfoud Ali Beiba« unter dem Motto »Nur ein unabhängiger sahrauischer Staat ist die Lösung«. Die alle vier bis fünf Jahre stattfindende Konferenz ist die oberste Instanz der Befreiungsbewegung.

In einer großen schmucklosen Zementhalle mit Wellblechdach mitten in der Wüste saßen Schulter an Schulter 2100 Delegierte der Frente Polisario, 35 Prozent von ihnen Frauen, und diskutierten acht Tage lang bis tief in die Nacht hinein über Krieg oder Frieden. Die meisten Abgesandten waren aus dem Exil in Algerien und Mauretanien angereist, 54 von ihnen jedoch erstmals aus den von Marokko besetzten Gebieten.

Der größte Streitpunkt des Kongresses - und die Ursache für seine überraschende viertägige Verlängerung - war die Auseinandersetzung darüber, ob die seit vier Monaten ausgesetzten Friedensverhandlungen mit Marokko weitergeführt werden sollen oder ob der Kongress die Wiederaufnahme des Krieges mit Marokko beschließen solle. Die Frente Polisario hat trotz des 1991 in Kraft getretenen Waffenstillstands niemals ihre Waffen abgegeben und demonstrierte während einer Militärparade am Eröffnungstag des Kongresses die Wehrbereitschaft ihrer Volksbefreiungsarmee.

Mohamed Abdelaziz, Generalsekretär der Frente Polisario, musste mehrere Tage lang seine Linie, die Weiterführung der Friedensverhandlungen mit Marokko, gegen die Falken aus den Reihen der Volksbefreiungsarmee und auch der UJSARIO, der Jugendorganisation der Frente, verteidigen. Die von dem 20-jährigen Friedensprozess in den Exillagern zermürbte Jugend, die ihre Heimat an der Atlantikküste nur noch aus den Erzählungen der Eltern kennt, forderte »den Gang zu den Waffen«, wie der UJSARIO-Vorsitzende Musa Salma erklärte. Am Ende setzte sich jedoch der mit 96 Prozent der Stimmen wiedergewählte Generalsekretär Abdelaziz gegen die Falken durch. Er verkündete: »Wir wollen der UNO noch einmal eine letzte Chance geben.«

Die beim Kongress als Beobachter anwesenden hohen Vertreter der Mission der Vereinten Nationen für das Referendum in der Westsahara (MINURSO) atmeten nach diesen Worten erleichtert auf. Ihre aus Bangladesch, Pakistan, Senegal und Gambia stammenden Soldaten hatten in Anbetracht der Kriegsdrohungen ihre Patrouillen während des Kongresses verstärkt. Die UJSARIO setzte sich allerdings insofern durch, als ein Aufruf zum zivilen Widerstand in den von Marokko besetzten Gebieten vom Kongress beschlossen wurde. Und die Bodentruppen der Volksbefreiungsarmee bleiben »in Kampfbereitschaft, um auf militärischer Ebene bereit zu sein für den Fall, dass die UNO-Mission versagt«, sagte Mohammed Lamin Al-Buhali, der Verteidigungsminister der Westsahara.

Der Kongress veröffentliche auch einen Brief an den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, in dem verlangt wird, dass Frankreich im Sicherheitsrat nicht wieder sein Veto gegen eine Ausweitung der UNO-Mission auf die »Beobachtung der Menschenrechtslage in der Westsahara« einlegt. Frankreich ist der Hauptverbündete Marokkos, das die ehemalige spanische Kolonie seit 1975 widerrechtlich besetzt hält und sich weigert, das bereits für 1992 geplante Referendum durchzuführen.

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