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S-Bahn-Begehren voll in Fahrt

Über 30 000 Unterschriften von Initiative gesammelt / Nächste Stufe beginnt 2012

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Zuversichtlich: Mitstreiter und Mitstreiterinnen des S-Bahn-Tisches bei der Übergabe
Zuversichtlich: Mitstreiter und Mitstreiterinnen des S-Bahn-Tisches bei der Übergabe

»Die Null fehlt.« Rasch gruppieren sich die gut gelaunten Mitstreiter und Mistreiterinnen der Initiative S-Bahn-Tisch mit ihren individuellen Zahlenplakaten um. Dann passt das Ergebnis für das Gruppenfoto im Amtssitz des Innensenators Frank Henkel (CDU) in Mitte: 3 - 1 - 8 - 7 - 0. So viele Unterschriften sammelte die Initiative in den vergangenen sechs Monaten. Damit dürfte die erste Stufe für das Volksbegehren »Rettet unsere Bahn« locker genommen worden sein. Denn nur rund 20 000 gültige Signaturen sind nötig, damit die zweite Stufe, in der dann 170 000 Unterschriften für die Initiierung eines berlinweiten Volksentscheids gesammelt werden müssen, eingeleitet werden kann.

»Wir sind hochzufrieden«, sagt Rouzbeh Taheri, der Sprecher des S-Bahn-Tisches. »Nachdem wir am Anfang mit zwei Sammelstellen und 20 Leuten begonnen haben, waren es am Ende so viele Unterstützer, dass wir den Überblick verloren haben.« Wie beim erfolgreichen Volksentscheid zum Wasser sammelt auch beim S-Bahn-Thema ein heterogener Zusammenschluss für das Ansinnen, das diesmal darin besteht, das Nahverkehrsunternehmen zuverlässiger und kundenfreundlicher zu machen. Der Unterschied zum Wasser-Volksbegehren ist aber, dass neben Basisorganisationen wie dem Fahrgastverband Pro Bahn oder linken Gruppen wie Attac diesmal auch Gewerkschaften wie die Berliner Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und mehrere Parteien wie LINKE und Piraten das Volksbegehren unterstützen.

Wenn es nach Prüfung der Unterschriften und dem Gesetzestext durch den rot-schwarzen Senat sowie einer Debatte im Abgeordnetenhaus irgendwann im kommenden Jahr mit dem Unterschriftensammeln weitergeht, dürfte das breite Bündnis mit seinem Organisationspotenzial dringend nötig sein. Denn auch das hat das Volksbegehren »Berliner Wasser« gezeigt: 170 000 Unterschriften zu sammeln ist ein Kraftakt. Rouzbeh Taheri ist dennoch zuversichtlich. »Wir haben jetzt einige Monate Zeit, die Infrastruktur zu schaffen«, sagt er. Außerdem sei es nun nach der ersten Stufe leichter, weitere Unterstützer für das Vorhaben zu gewinnen. Schließlich ist bewiesen, dass das Volksbegehren zur S-Bahn ernst gemeint ist und auch von den Bürgern Berlins ernst genommen wird. Denn das hätten die vergangenen Monate eindrucksvoll gezeigt: Beim Sammeln schlug den Aktivisten eine Welle der Zustimmung entgegen, die Unzufriedenheit mit den immer wiederkehrenden S-Bahn-Problemen ist mindestens genauso groß wie der Brass auf die zu hohen Wasserpreise.

»Das Feedback war enorm«, bestätigt auch Andreas Ballentin, der Betriebsrat bei der S-Bahn ist. In der Belegschaft unterstützen die drei großen Fraktionen EVG, Gewerkschaft der Lokführer und »Transparenz für die Basis« ebenfalls das Volksbegehren. Sorge bereiten den Beschäftigten zurzeit vor allem die möglichen Pläne des Senats, einen Teil des S-Bahn-Netzes auszuschreiben.

Privatisierung ist ein großer Horror für die Gewerkschafter: »Genau wie Wasser ist S-Bahn öffentliche Daseinsvorsorge«, sagt EVG-Gewerkschaftssekretär Jörg Kronberg. »Das lässt sich nicht mit Gewinn bewirtschaften.« Explizit wird die Ablehnung der Privatisierung aus juristischen Gründen in dem Text zum Volksbegehren zwar nicht erwähnt. Doch mit der Forderung wie etwa nach Aufsichtspersonal auf den Bahnhöfen ist das Anti-Privatisierungsansinnen dennoch enthalten.

Nun ist der Senat am Zug. Bisher äußerte man sich zu dem neuen Volksbegehren eher zögerlich. Eine Taktik, die beim Wasser schon mal kräftig daneben ging.

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