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Warten auf das Versprechen

Alba Berlin verliert gegen Bonn und hinkt den eigenen Ansprüchen hinterher

Wenn Trainer nach einem Spiel nicht nur über Sieg und Niederlage reden, sondern existenzielle Themen wählen, läuft es entweder richtig gut oder eben nicht. Gordon Herbert, der Coach von Alba Berlin, fasste am Freitagabend seine Hoffnung in folgende Worte: »Schwere Zeiten können den Charakter formen.« Zuvor hatte sein Team vor 13.220 Zuschauern in der Arena am Ostbahnhof gegen die Bonner Basketballer mit 78:86 verloren.

Herbert fand anfangs kaum Worte, tat sich mit der Analyse schwer und wirkte ratlos. Hatte er doch nach der Niederlage drei Tage zuvor in Quakenbrück die Partie gegen Bonn zum Charaktertest erklärt. Entsprechend »enttäuscht« war er von seiner Mannschaft. Der Gegner habe mit mehr Willen und Leidenschaft gespielt. Attribute, die in seiner 17-jährigen Trainerkarriere immer seine Teams ausgezeichnet hatten. Deshalb hatte ihn Manager Marco Baldi vor dieser Saison von Frankfurt nach Berlin geholt.

Die Verpflichtung des 52-Jährigen war nicht unumstritten. Muli Katzurin hatte den einstigen Serienmeister seit zwei Jahren mal wieder ins Finale geführt - und wurde Zweiter. Der israelische Trainer hatte in kurzer Zeit viel Erfolg. Erst im Januar übernahm er Alba von Luka Pavicevic. Doch Baldi entschied sich für Herbert, dem er Größeres zutraute: Endlich die Sehnsucht nach Titeln und Konstanz auf höchstem Niveau zu stillen.

Wie ein Hoffnungsträger wirkte Herbert am Freitagabend nicht. Auch das Spiel seiner Mannschaft hatte kaum Vielversprechendes. Nur 48 Prozent Trefferquote, viele Ballverluste, ohne wirklichen Plan gegen die aggressive Verteidigung der Gäste - und unter dem Korb chancenlos. Dort herrschte Bonns Center Chris Ensminger. Mit 20 Punkten und zehn Rebounds war er der beste Spieler. Gegen den Tabellenzehnten, der allein das Erreichen der Playoffs als Ziel hat, bekam Alba das Spiel nie unter Kontrolle.

So kann es gehen, wenn der Beste nicht seinen besten Tag erwischt. DaShaun Wood, Albas Spielmacher, gelangen zehn Punkte und nur vier Assists. Sein Gegenüber im Bonner Trikot, Jared Jordan, gab dagegen zwölf Korbvorlagen. Wood, den Herbert aus Frankfurt mitgebracht hatte, galt ebenso als Versprechen auf eine bessere Zukunft. Der 26-jährige Amerikaner wurde in der Vorsaison zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt. Seine Ziele stimmen mit denen des Klubs überein. »Ich bin hier, um Meister zu werden», so Wood bei seiner Präsentation.

Den Ansprüchen ist er bisher nur teilweise gerecht geworden. Wood ist der Treffsicherste und Effektivste seiner Mannschaft sowie der beste Vorlagengeber. In der Ligastatistik der besten zehn Spieler taucht er als einziger Berliner auf, allerdings nur im Mittelfeld - als einer unter vielen.

Alba fehlt immer noch die Konstanz. Siege wie gegen Meister Bamberg wechseln sich mit Niederlagen gegen Teams wie Bonn ab. Unter Herbert hat sich das Team mit vier Neuzugängen noch nicht endgültig gefunden, die Abhängigkeit von der Verfassung ihres Spielmachers Wood ist zu groß. Doch Herbert bleibt optimistisch. Es sei wie bei einem guten Wein, der mit der Zeit auch immer besser wird. In diesem Moment wirkte er fast wieder wie ein Hoffnungsträger.

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