Klage gegen den Rat

Eskalation im Streit um Verdienstanpassung

  • Frank Puskarev
  • Lesedauer: 2 Min.

Eigentlich sollte mit der Festschreibung einer automatischen Verdienstanpassung für die Beschäftigten der Europäischen Institutionen verhindert werden, dass sich regelmäßig und abhängig von politischen Mehrheiten in den 27 EU-Staaten die Kommission, der Rat - also die Regierungen - und die Beschäftigten um die Gehaltsentwicklung streiten und damit möglicherweise den Betrieb in den Institutionen temporär lahmlegen. Am Mittwoch musste dennoch der zuständige EU-Kommissar Maroš Šefcovic den Beschäftigten wie schon im vergangenen Jahr mitteilen, dass die Kommission »beschlossen hat, gegen die Weigerung des Rates, die jährliche Anpassung der Gehälter und Pensionen zu verabschieden, Klage beim Gerichtshof einzureichen, da der Rat dadurch das Beamtenstatut verletzt hat.« Die Kommission hatte den Regierungen entsprechend der Berechnungsmethode, die die Kaufkraftentwicklung in acht ausgewählten Mitgliedsstaaten (minus 1,8 Prozent) sowie die Preisentwicklung eines Warenkorbes in Brüssel (plus 3,6 Prozent) berücksichtigt, vorgeschlagen, die Löhne und Gehälter der Bediensteten um 1,7 Prozent anzuheben.

Dem Rat ist diese Methode schon lange ein Dorn im Auge. Er möchte trotz erheblich ausgeweiteter Aufgaben der Institutionen kräftig an den Personalausgaben sparen und führt dazu jede Menge »Argumente« ins Feld. So heißt es, die Menschen könnten nicht nachvollziehen, warum trotz Krise und massiver Kürzungen in vielen Staaten die EU-Beschäftigten keinen Beitrag zur Entlastung der Haushalte leisten sollten. Regelmäßig wird zudem behauptet, die Angestellten in Brüssel, Luxemburg und Straßburg würden eh zu viel verdienen. Dabei verschweigen sowohl der Rat als auch die Medien, dass mit der genutzten Methode genau jene Faktoren abgebildet werden, die die Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst beeinflussen sollten.

Auch die »exorbitanten Gehälter« betreffen nur einen geringen Teil der über 30 000 Beschäftigten. Der übergroße Teil verdient in den unteren Gehaltsgruppen gerade so viel, dass er sich das Leben in Brüssel leisten kann. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind entsprechend froh, die Kommission in diesem Fall als Gralshüterin der Verträge auf ihrer Seite zu wissen - was keinesfalls immer so ist, wie geplante Veränderungen des Beamtenstatuts belegen, die vor allem die unteren Einkommensgruppen treffen sollen.

Der Autor ist Mitglied des Personalrates der Abgeordnetenassisten_innen des Europaparlaments.

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