Kirche und Umweltschützer entsetzt über Klimapolitik

Mehrere Hundert blockierten in Bonn/Offizielle Verhandlungen begannen

  • Wolfgang Pomrehn, Bonn
  • Lesedauer: 2 Min.
Aus Protest gegen die schleppenden Verhandlungen auf der Weltklimakonferenz blockierten am Donnerstag mehrere hundert Demonstranten die Adenauerallee in Bonn. Zugleich begannen gestern die Verhandlungen auf Ministerebene.
Ursprünglich stand auf dem Konferenzprogramm das Thema, wie Entwicklungsländern geholfen werden kann, Fachwissen aufzubauen, um mit den Folgen des Klimawandels umzugehen. Auf ein entsprechendes Verhandlungsprogramm hatten sich die Staaten bereits 1999 geeinigt, wie der scheidende Sekretär der Klimakonvention, Michael Zammit Cutajar, die Delegationen erinnerte. Angesichts der Ankündigung der USA, sich aus dem Kyoto-Protokoll zurückzuziehen, rückten allerdings die Probleme der Länder des Südens einmal mehr in den Hintergrund. Die Europäische Union, für die Belgien zusammen mit der EU-Kommission die Verhandlungen führt, konzentriert sich darauf, Japan zum Ratifizieren des Kyoto-Protokolls zu bewegen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin rechnet mit einem endgültigen Ergebnis am Sonntagabend oder Montagmorgen. Auf einer Pressekonferenz mit dem deutschen Forum Umwelt und Entwicklung sowie dem internationalen Ökumenischen Rat der Kirchen zeigte sich Trittin vorsichtig optimistisch, dass ein Kompromiss mit Japan erzielt werden könne. Bei der Vorläuferkonferenz in Den Haag habe man zumindest die Differenzen quantifizieren können. Deshalb bestehe jetzt Hoffnung, dass man sich irgendwo in der Mitte treffe, so der Minister. In der Praxis hieße das: Die umstrittenen Anrechnungsmöglichkeiten für CO-Senken wie Aufforstungen im Ausland würden weiter ausgedehnt. Die EU hatte zuletzt verlangt, dass die Industrieländer mindestens 50Prozent ihrer Reduktionsverpflichtungen innerhalb der eigenen Grenzen erfüllen. Trittin war von Vertretern des Ökumenischen Rates eine Petition mit 38000 Unterschriften übergeben worden. Diese weist unter anderem auf die bedrohliche Lage der kleinen Inselstaaten im Pazifik hin. Trittin bezeichnete Deutschland und die EU als traditionelle Verbündete der Inselstaaten. In der Petition, die auch von einer Reihe evangelisch-lutherischer Landeskirchen in Deutschland mitgetragen wird, wird die Bundesregierung aufgefordert, den Klimaschutz zu intensivieren: »Wir nehmen mit Entsetzen zur Kenntnis, dass sich der Schwerpunkt der Verhandlungen zunehmend von Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der betroffenen Völker entfernt und sich stattdessen auf die Schaffung von weiteren Geschäftsmöglichkeiten vor dem allgemeinen Kontext der Globalisierung konzentriert.« Aus ähnlichen Motiven demonstrierten auch rund 500 Umweltschützer, hauptsächlich aus Deutschland und Westeuropa, in der ehemaligen Bundeshauptstadt. Sie kritisierten vor allem den Handel mit Verschmutzungsrechten und den Versuch einiger Staaten, der Atomindustrie mittels des Kyoto-Protokolls zum Comeback zu verhelfen. Einen Kilometer vom Tagungsort entfernt wurde ihre Demonstration auf sehr ruppige Art von der Polizei aufgelöst. Mehrere Dutzend Demonstranten wurden in Gewahrsam genommen.
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