Das Dilemma nach der Promotion

Uni Jena will Nachwuchswissenschaftlern helfen

  • Andreas Hummel, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Situation vieler Nachwuchswissenschaftler an Universitäten ist prekär: befristete Verträge, unklare Karriereaussichten und hohe Arbeitsbelastung. Die Universität Jena will nun die Jobsituation ihrer Post-Doktoranden verbessern.

Jena. Mit dem Doktortitel in der Tasche beginnt für viele Nachwuchswissenschaftler an deutschen Hochschulen eine jahrelange Hängepartie. Immer wieder befristete Verträge mit kurzen Laufzeiten, mitunter wenig Unterstützung durch Betreuer und oftmals schlechte Bedingungen für die Familiengründung. Thüringens größte Hochschule, die Universität Jena, hat die Situation ihrer Postdoktoranden in einer Umfrage untersucht.

»Es ist bundesweit die erste Studie, die über die konkrete Stellensituation hinausgeht«, sagte Prorektorin Erika Kothe im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. »Die Erfahrung zeigt, dass die Situation anderenorts aber der in Jena entspricht.« An der Friedrich-Schiller-Universität wird nun diskutiert, wie die Situation der Betroffenen verbessert werden kann.

Hohe Teilzeitquote

Der Befragung zufolge, an der sich fast 300 Jenaer Wissenschaftler beteiligten, dauern die Verträge der Postdoktoranden im Schnitt nur ein bis zwei Jahre. Jeder Zehnte hat vor und nach der Promotion acht oder mehr Arbeitsverträge unterzeichnet. Dabei stellte sich heraus, dass Frauen oft kürzere Verträge angeboten bekommen als Männer. Auch die Teilzeitquote lag bei Frauen - auch bei denen ohne Kinder - deutlich höher als bei ihren männlichen Kollegen.

Mit der Tätigkeit als Wissenschaftler sind die Postdoktoranden überwiegend zufrieden. Doch hatte nur etwa jeder Fünfte nichts an seiner Arbeitssituation auszusetzen. Kothe: »Die Gruppe der Unzufriedenen teilt sich in zwei Lager: Die einen fühlen sich überbetreut und überbeansprucht durch Lehre und Assistenzaufgaben; die andere Gruppe vermisst Führung und fühlt sich alleingelassen.« Dennoch wollen die meisten Befragten weiter in der universitären Forschung arbeiten, auch wenn sich viele mit Blick auf ihre bisherige Qualifizierung unzureichend darauf vorbereitet fühlen; für eine Karriere außerhalb der Wissenschaft sehen sie sich noch weniger gerüstet.

Problem Juniorprofessur

An der Stellensituation wird sich laut Kothe kaum etwas ändern. Zwar wünsche sich die überwiegende Mehrheit der Postdoktoranden einen unbefristeten Job. Dies stehe aber dem Ziel entgegen, dass die Forschung flexibel sein soll. Stattdessen werde nun überlegt, ein Karrierezentrum aufzubauen, um den Betroffenen auch Berufswege außerhalb der Hochschule aufzuzeigen. Kothe: »Einen Plan B sollte man haben.« Außerdem sollen verstärkt Weiterbildungsangebote geschaffen werden, die sich bisher eher auf Doktoranden konzentrieren. Weitere Punkte sind der Aufbau eines Mentoringprogramms besonders für Frauen sowie flexiblere Arbeitszeiten, damit Familie und Karriere besser in Einklang gebracht werden können.

Die Juniorprofessur, mit der Nachwuchswissenschaftler schon vor der zeitaufwendigen Habilitation eine längerfristige Stelle bekommen sollten, hat ihr Ziel nach Ansicht Kothes nur unvollständig erreicht. »Die Juniorprofessuren gehen häufig an Bewerber, die eigentlich schon für W2-Professuren geeignet wären«, erläuterte die für den wissenschaftlichen Nachwuchs und Gleichstellung zuständige Prorektorin. »Das Profil der Juniorprofessur ist noch nicht in die Karrierewege eingebunden.«

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